Mobbing in der KJL: Tomatenrot oder Mobbing macht traurig

Da die Kinder heutzutage im Fernsehen ständig mit Gewalt konfrontiert werden, sie diese aber auch in der Schule, am Schulhof oder in ihrer Freizeit erleben, gehört diese zum Alltag vieler Kinder und Jugendlicher.

Seit den Achtzigerjahren gehören Mobbing und Gewalt zu den zentralen Themen der problemorientierten Jugendliteratur. Auch die Kinderliteratur hat seit den Neunzigerjahren dieses Thema aufgegriffen, und es gibt eine Vielzahl an Büchern dazu.

Im Mittelpunkt der meisten Texte steht die Gewalt zwischen Schülern und Schülerinnen. Es werden die unterschiedlichsten Gewaltformen wie Mobbing, Amoklauf oder Gewalt gegen Außenseiter behandelt. In vielen Texten kommen die Opfer zu Wort und erzählen ihre Geschichte. Das Thema Mobbing wird oft aufgegriffen, ohne es zu verharmlosen. In einigen Büchern nehmen Lehrer die Rolle des Unwissenden ein. Oft wirken sie machtlos und passiv. Aber auch über die Rolle von Schulkollegen und von Freunden, die nur zusehen und nicht eingreifen oder unterstützen, wird in vielen Erzählungen geschrieben. Während also viele Texte aus der Sicht der Opfer die täglichen Schikanen und Hänseleien schildern, gibt es einige Jugendromane, in denen die Täter zu Wort kommen und die Geschichten aus der Täter-Perspektive erzählt werden. In vielen Werken sind die Ängste der Opfer und die Beweggründe der Täter genau geschildert. In der untersuchten Kinderliteratur werden teilweise auch Lösungen für diese Probleme angeboten, die aber nicht immer unbedingt nachahmenswert sind.

Bei diesen Büchern handelt es sich um literarische Texte und nicht um soziologische Sachbücher. Viele dieser Bücher laden zu Diskussionen ein und können präventiv im Unterricht eingebaut werden. Aber auch bei konkreten Anlassfällen können sie mit Schülern gelesen und Lösungsansätze besprochen werden. Auf jeden Fall sollten die Bücher von Pädagogen mit Bedacht ausgewählt und eingesetzt werden. (vgl. Mikota, 2011).

„Tomatenrot oder Mobbing macht traurig“ von Jan de Kinder

In diesem Sachbilderbuch wird anschaulich dargestellt, wie ein Junge von einem Mädchen und später von einer ganzen Gruppe wegen einer Eigenschaft, für die er nichts kann, ausgespottet und gemobbt wird.

Die Ich-Erzählerin sagt: „Du…Du wirst rot.“ Sie zeigt mit dem Finger auf Tom, der errötet. Diese scheinbar harmlose Feststellung löst jedoch eine ganze Lawine aus. Auch die anderen Kinder werden auf Tom aufmerksam und beginnen, sich über ihn lustig zu machen, weil er errötet. Tom ruft: „Lasst mich in Ruhe!“ Doch bald wird er von allen Kindern ausgelacht. Er kann sich nicht wehren und wird immer stiller. Paul jedoch wird immer lauter. Längst bereut das Mädchen, dass sie mit diesem Unfug begonnen hat, denn eigentlich findet sie Tom ganz nett. Doch Paul ist nicht mehr zu bremsen. Seine Zunge ist so scharf wie ein Messer und seine Fäuste sind so hart wie Stein. Das Mädchen traut sich aber nichts dagegen zu sagen. Sie hat Angst vor Paul. Auch als die Lehrerin fragt, ob jemand etwas gesehen habe, schweigen alle. Die Ich-Erzählerin ringt mit sich selbst. Sie hat ein schlechtes Gewissen, möchte aber nicht selbst zur Außenseiterin werden. Endlich nimmt sie all ihren Mut zusammen und zeigt auf. Nun trauen sich auch ihre Klassenkameraden zum Vorfall Stellung zu nehmen. Alle erzählen wild darauf los und sind froh, das Schweigen aus Angst brechen zu können. Als Paul danach auch das Mädchen bedroht, stehen die Klassenkameraden voll hinter ihr. Paul dreht sich um und wird grün. Es bleibt offen, ob nun dieser Junge durch sein Verhalten auch zu einem neuen Außenseiter wird, oder ob sich die anderen wieder mit ihm versöhnen.

Tom wird in dieser Geschichte wegen seines Errötens ausgelacht. Im wahren Leben sind oft ähnlich Eigenschaften, wie zum Beispiel Stottern oder Übergewicht, die Auslöser für Mobbingattacken. Das Opfer traut sich oft nichts zu sagen und die Außenstehenden sind oft zu feige dazu. Durch die Auseinandersetzung mit diesem Buch können die Kinder für Mobbingsituationen sensibilisiert werden und lernen, sich selbst zu wehren oder sich für Mobbingopfer einzusetzen. Die verschiedenen Rollen von Tom, Paul, dem Mädchen, den Schulkameraden und der Lehrerin bieten viel Gesprächsstoff zur Aufarbeitung des Themas im Unterricht. (vgl. Guggenbühl, 2014, S. 6)

Die aussagekräftigen Bilder und besonders die kräftigen Farben, die zu den jeweiligen Gefühlen passen, sind hervorragend geeignet um mit Kindern im Vorfeld über Mobbing zu sprechen oder sich im konkreten Anlassfall mit dem Thema Mobbing auseinander zu setzen.

Außerdem gibt es zu diesem Buch ausführliche Begleitmaterialien zum Thema Mobbing und Tipps für die Umsetzung und Behandlung im Unterricht (Titel: Über Ausgrenzung, und wie sich Kinder dagegen wehren können).

Literaturliste

Primärliteratur

De Kinder, J. (2014).Tomatenrot oder Mobben macht traurig.(1.Aufl.).Zürich: Atlantis

Kolloch, B., Zöller,E. (2013).Viktoria ist stark! (1.Aufl.).Bindlach: Loewe

Mai,M. (2009).Philipp darf nicht petzen. (1.Aufl.).Würzburg: Arena

Neubauer, A. (2012). So was von fies. (1.Aufl.).Wien: Ueberreuter

Nöstlinger, C. (1996) Die feuerrote Friederike. (2.Aufl.).Wien: Dachs

Szillat,A.,Cordes,M. (2011) Du gehörst nicht dazu. (1.Aufl.) Münster: Coppenrath

Wildenhain,M.,Marcus,E. (2015) Alle gegen Lukas. (1.Aufl.) Ravensburg: Ravensburger

Sekundärliteratur

Alsaker,F., (2012) Mutig gegen Mobbing in Kindergarten und Schule. (1.Auflage) Bern:Huber

Guggenbühl, A., Herzer, C., (2014) Über Ausgrenzung, und wie sich Kinder dagegen wehren können. Zürich: Atlantis
http://shop.ofv.ch/_uploads/misc/9783715206790_unterlagen_48294.pdf (19.02.2017)

Mikota,J. (2011) Gewalt in der Kinder- und Jugendliteratur.
www.alliteratus.com/pdf/ges_gew_gewalt.pdf (05.02.2017)

Rank, S., Lama, B., Mengele,K. (2013) Mobbing in der Schule vorbeugen, erkennen und beenden. (1.Auflage) Breisgau: Kreuz

Springer,G. (2015) Gewaltfreie Kommunikation muss gelernt werden. Der Standard, 26. März, S.10

Wachs, S., Hess, M., Scheithauer, H., Schubarth, W. (2016) Mobbing an Schulen. Erkennen-Handeln-Vorbeugen. (1. Aufl.) Stuttgart: Kohlhammer

Windisch, W. (2015) Mobbing in der Schule. Aggression Raum geben-Gewalt vermeiden. Gesundheitsförderung in Kindergarten und Schule. 05/06. S. 5f.

Text: Gudrun Mayr-Bergant

Grafik: Atlantis

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