Engelbert Obernosterer, Das grüne Brett vor meinem Kopf

„Schön, wie das Dorf mitsamt seinen Eigenbrötlern und Wichtigtuereien im blauen Dunst aufgeht. Für die Dauer der Gipfelrast ist der Bergfreund heraußen aus dem, was ihn sechs Tage lang beengt hat, steht erhaben über dem, was die im Tal Gebliebenen gegen die unsichtbaren Wände prallen lässt.“ (31)

Engelbert Obernosterer schickt seinen Beobachter durch das Leben einer Kleinstadt an der Peripherie des Landes. Dieser Erzähler hat durchaus ein Brett vorm Kopf, freilich ein grünes, das noch nicht ausgewachsen ist und sich vielleicht zu einem weiten Blick durchbohren lässt.

Oft zelebriert der Beobachter das Aufstehen und Anwerfen seines Körpers, Zeit spielt keine Rolle, denn auch in der Umgebung werden die Geschäftigkeiten eher langsam aufgenommen. Während der Woche verlaufen die Aktivitäten quer und irgendwie Alltagswiderspenstig, am Sonntag freilich zieht alles längs am Strick an der Feierlichkeit. (113)

In kleinen Anekdoten werden Menschen der Unauffälligkeit dargestellt, am ehesten ist noch ein wildes Gerücht der Höhepunkt einer Karriere. So soll der Hendl-Auslieferer ein wilder erotischer Hengst sein, der es angeblich allen Frauen besorgt, die entsprechend disponiert sind. Wahrscheinlich aber wird er dem ehernen Gesetz des Tales unterliegen, wo es ständig zu zufälligen Begegnungen mit Nachbarn und Einheimischen kommt, über die letztlich niemand erfreut ist. (46)

Überhaupt ist zwischen dem aufgetragenen Schein und dem darunterliegenden Fundament so mancher Riss auszumachen. Unter den top gepflegten Rasen liegt so manches historische Geheimnis begraben, vor allem die Erinnerung an die sogenannte Kriegszeit wird in dieser Gegend gerne mit einem besonders dichten Rasen zugepflanzt.

Zwischendurch gestattet sich der Beobachter eine Reise nach Wien, in den U-Bahnen benehmen sich die Menschen letztlich genauso so verfremdet und unbeholfen wie im kleinen Gehege auf dem Lande. Und auch kulturelle Auftritte verströmen oft mehr Unbehagen, als dass sie dem Tagesgeschehen einen Sinn verpassen könnten, dabei sind die Vorträge bei der Bachstein-Lesung im ORF genau so verwirrend wie das Gestammel eines Mundartdichters im Dachboden des frisch renovierten Kulturzentrums.

Wie geht’s, fragt zwischendurch jemand, und der Angesprochene im reifen Alter antwortet: „Alles im grauen Bereich!“ (99)

Die ideale Darstellungsform all dieser Kreisläufe, Jahresumläufe und Naturzyklen ist naturgemäß das Rondo, alles kommt wieder, alles vergeht, in der Stadt wie auf dem Land.

Engelbert Obernosterer liefert mit seinem grünen Brett vor dem Kopf eine hellwache, melancholische Melange aus Begebenheiten, die jederzeit zu einer handfesten Geschichte auswachsen können. Ein Rondo mit erzählerischem Grip!

Engelbert Obernosterer, Das grüne Brett vor meinem Kopf. Ein Rondo.
Klagenfurt: Kitab 2011. 134 Seiten. EUR 14,-. ISBN 978-3-902585-54-7.

 

Weiterführende Links:
Kitab-Verlag: Engelbert Obernosterer, Das grüne Brett vor meinem Kopf
Wikipedia: Engelbert Obernosterer

 

Helmuth Schönauer 30-04-2012

Bibliographie

AutorIn

Engelbert Obernosterer

Buchtitel

Das grüne Brett vor meinem Kopf

Erscheinungsort

Klagenfurt

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Kitab-Verlag

Seitenzahl

134

Preis in EUR

14

ISBN

978-3-902585-54-7

Kurzbiographie AutorIn

Engelbert Obernosterer, geb. 1936 in St. Lorenzen/Lesachtal, lebt in Hermagor.

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