Patricia Brooks, Lunapark
Im Idealfall beschreibt ein einziges Wort einen Kosmos voller Gefühle, Erinnerungen und Träume. In der Lyrik sind diese Zauberbegriffe oft in rätselhaften Gedichten versteckt, manchmal werden sie auf das Cover gespült und schalten dabei das Licht an für eine wundersame Imagination – Lunapark.
Patricia Brooks setzt mit Lunapark eine faszinierende Welt in Szene, in der es drunter und drüber geht mit Glücksversprechungen, Spielen und hellen Farben aus der Kindheit. Etwas Paradiesisches schwingt über den Gerätschaften, die als Ansichtskarten verpixelt auf einem eigenen Karussell tanzen in der Hoffnung, zu einem Selfie mit glücklichem Ausgang zu werden.
Lyrik ist immer auch eine Zeitmaschine, in den Gedichten geschieht geradezu selbstverständlich, dass etwas in die Zukunft gehoben wird, das noch gar nicht die Gegenwart erreicht hat. Rudolf Kraus überschreibt seine Gedichte mit dem schönen Zeitschieber-Satz: „wenn ich am morgen schon abends“. Das lyrische Ich scheint die Gedanken nachhaltig zu fassen, zumindest für einen ganzen Tag sollten sie Gültigkeit haben.
Was sich wie die Grundrechenarten für eine aufgelöste Seele anhört, ist ein lyrisches Konzept, das sich wie ein Stützkorsett um das zerbrechliche Individuum legt. Sirka Elspaß verfasst Gedichte über existentielle Gefühle und emotionale Kämpfe, die sich als variantenreiche lyrische Grundrechenarten an den Begriffen „hungern beten heulen schwimmen“ ablagern.
Lyrik ist unter anderem ein Vorgang, der zu Gedichten führt. Die Manifestation als Gedichtband ist einerseits eine Aktualisierung, die sich bei jedem Aufschlagen des Bandes neu inszeniert, andererseits eine Konservierung einer Aktion für Büchereien und Archive.
Eine leere Stelle kann durchaus schmerzen, bis sie mit einem Bindemittel ausgefüllt ist. Schreibende berichten vom Schmerz der leeren Seite, der so lange anhält, bis die erste Zeile geschrieben ist. Und aus der Pädagogik werden immer wieder Fälle berichtet, wonach ein Kind mit seiner Leere die Erziehenden geradezu zu Maßnahmen herausfordert, diese Leerstelle mit Sinn, Wünschen oder Gehorsam auszufüllen.
Welches Werkzeug passt zu welchem Kunstwerk? – Wenn Literatur als Kunstwerk die Gegenwart erhellen soll, braucht es auch einen Blick auf das Genre, das als Medium diese Gegenwart betreut.
Wenn zwei lyrische Kerne als Projekte aufeinandertreffen, entsteht eine Art lyrische Kettenreaktion, die sich in einem plastischen Kunstwerk äußert. - Im Falle von OUT NOW lässt sich diese lyrische Plastizität als flugschrift N° 51 geradezu mit Händen und Augen greifen.
Nicht nur am Titel ist von Schwindel die Rede, selbst die Augen machen eine schwindelerregende Bewegung, wenn sie über den Lyrikband gleiten, der im Handteller-großen Format sich erst allmählich fokussieren und fixieren lässt.
In der Justiz stellen Tagsätze (Tagessätze) eine wesentliche Einheit zur gerechten Bemessung eines Strafausmaßes dar. Bei Schuldspruch wird man fallweise zu Tagessätzen verurteilt, damit soll sich die Strafe am Einkommen des Delinquenten orientieren.
Manchmal kommt man als Künstler oder Wissenschaftler ganz woanders heraus, als man seine Karriere gestartet hat. Die wahren Lebensaufträge lassen sich nämlich nicht planen, sondern nur abarbeiten bis zum abgerundeten Ende.