Paulus Hochgatterer, Katzen, Körper, Krieg der Knöpfe

Die wahre Logik liegt in der Poesie, und so ist es für den Schriftsteller und Kinderpsychiater Paulus Hochgatterer völlig klar, seine Poetik-Vorlesung in Zürich mit diesem wunderbaren Auszählreim „Katzen, Körper, Krieg der Knöpfe“ zu überschreiben.

Dabei lässt seine Doppelidentität beides zu: Eine Poesie in der Literatur, eine Poesie der Kindheit.

In drei Vorlesungen kommen jeweils drei poetische Zugänge zum Vorschein, die uns ahnen lassen, wie vielleicht ein Kind tickt aber auch wie die Poesie funktioniert.

Das Kind ist da. Ein Kind spricht. Ein Kind erzählt.

Unter diesen drei Gegebenheiten erzählt der Autor, wie er in Allentsteig sein erstes Kind als Arzt auf die Welt gebracht hat, wie jedes Kind seine ersten Laute formuliert, wie aus Neugierde tatsächlich das Kind zu erzählen beginnt.
Im zweiten Abschnitt kommt die Hinterseite zum Vorschein.

Ein Kind schreit. Ein Kind verstummt. Ein Kind ist tot.

Am Beispiel kleiner Kollegen aus der Kindheit wird erzählt, warum manche Kinder geradezu verstummen müssen, keinen Kontakt zur Außenwelt zustande bringe und schließlich tot sind im physischen oder psychischen Sinn.
Im dritten Flügel des poetischen Triptychons geht es von der Kindheit stracks hinein in die Literatur.

Ein Kind hört zu. Ein Kind spielt. Ein Kind liest.


Zum poetischen Zugang dieser Welt formuliert der Autor eine scheinbar lapidare Erkenntnis:

Laufen, Sex haben, sprechen. All diese Dinge lernt man leichter und schneller, wenn einem jemand dabei hilft. Gleiches gilt fürs Erzählen. (52)

Generell gilt für die Psyche und die Poesie: beide werden letztlich vom Körper getragen, die Körperlichkeit ist die Grenze für beides, der Körper sagt schließlich auch, wann es genug ist.

In witzigen Einschüben erklärt Paulus Hochgatterer schließlich auch, was es mit den Begriffen in der Überschrift auf sich hat. Die Katzen sind Wesen, die Geschichten geradezu herausfordern, wer eine Katze hat, erlebt immer auch eine Geschichte, die sich wie von selbst erzählt. Der Körper ist der Geschmacksträger für alle psychischen und poetischen Abenteuer, und der Krieg der Knöpfe ist jener verrückte Film, worin das Wesen der Kindheit am klarsten dargestellt wird.

Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich nicht mitgekommen!

Im Anschluss an die Poetik-Vorlesung sind einige markante Aufsätze abgedruckt, die jeweils Grundhaltungen der Menschheit aus der Sicht der kindlichen Entwicklung darstellen. In der Stadt kann nur leben, wer gelernt hat, wegzugehen, heißt so eine These. Und süffisanter Beisatz: Wenn Mütter wüssten, dass Kinder das Gehen nur lernen, damit sie weggehen können, würden sie sich nicht so äffisch über die ersten Schritte freuen.

Paulus Hochgatterer wie er leibt und lebt! Voller Überraschungen, Geduld und Neugierde. Als Leser hat man das angenehme Gefühl, dass ihn Vieles, was er erzählt, genauso überrascht wie uns Leser.

Paulus Hochgatterer, Katzen, Körper, Krieg der Knöpfe. Eine Poetik der Kindheit. Reden, Aufsätze, Vorlesungen.
Wien: Zsolnay 2012. 205 Seiten. EUR 19,40. ISBN 978-3-552-06182-8.

 

Weiterführende Links:
Zsolnay-Verlag: Paulus Hochgatterer, Katzen, Körper, Krieg der Knöpfe
Wikipedia: Paulus Hochgatterer

 

Helmuth Schönauer, 12-04-2012
 

Bibliographie

AutorIn

Paulus Hochgatterer

Buchtitel

Katzen, Körper, Krieg der Knöpfe. Eine Poetik der Kindheit. Reden, Aufsätze, Vorlesungen.

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2012

Verlag

Zsolnay-Verlag

Seitenzahl

205

Preis in EUR

19,40

ISBN

978-3-552-06182-8

Kurzbiographie AutorIn

Paulus Hochgatterer, geb. 1961 in Amstetten, lebt als Schriftsteller und Kinderpsychiater in Wien.