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Jede Epoche hat ihren Schlüsselbegriff, wenn es gelingt, ihn unaufgeregt zu finden, kann   man die jeweilige Gegenwart knacken.

In Andreas Maiers Roman „Der Ort“ wird plötzlich für das erzählende Ich die Ortsumgehung zu diesem Schlüsselbegriff. Während rund herum in den Siebzigern des vorigen Jahrhunderts  alles platt gemacht und vernetzt wird, erklärt die Methode Ortsumgehung die neue Weltordnung. Jetzt, Jahrzehnte später, sitzt der Erzähler im Zimmer seines verstorbenen Onkels und arbeitet an der persönlichen Ortsumgehung.

Was der Bestsellerautor Christopher Clark mit seinen „Schlafwandlern“ über den Ersten Weltkrieg ist, ist „Der Forcher“ für Tirol mit seiner bewegenden Darstellung des Weltkrieges aus Tiroler Sicht.

Michael Forscher ist leidenschaftlicher Historiker genug, damit er weiß, dass sich nicht erzählbare Dinge nur darstellen lassen, wenn man sie quasi wie dokumentierte Rollen sich selbst erzählen lässt. Der Autor bereitet dabei die Quellen aus und ist gerecht, indem er alle zu Wort kommen lässt. Und so kommt heraus, dass alle bis hinauf zum Feldherren Conrad fassungslos den Geschehnissen gegenüber stehen. Bloß kann der Oberste diesen Sprung im Kopf überwinden, indem er einfach selbst noch seine Biographie nach dem Krieg zurecht biegt.

Vorurteile sind nicht nur schmerzhaft ungerecht, sie sind meist auch ausgesprochen falsch. So gilt etwa in manchen Landstrichen die Brille als Zeichen für hohe Intelligenz der Trägerin, während ein sichtbares Hörgerät immer wieder die Aura von „dumm“ suggeriert.

Roswitha Ladner, seit einer unbehandelten Mittelohrentzündung in der Kindheit selbst mit Hörgeräten konfrontiert, erzählt von den Erfahrungen einer Anwenderin, die sich an die Richtlinien des Hörgerätegebrauchs hält.

Seltsam verstreut tauchen am Globus die Hotspots des Totenkultes auf. Der skurrile Berufsfriedhof an der ukrainisch-rumänischen Grenze, die Toten-Gassen in Samarkand, die Blasmusikumzüge in New Orleans: der Wiener Zentralfriedhof ist eine ideale Bereicherung auf der Route der Jenseits-Versteher.

Hilde Schmölzer startet ihren Trip durch die Welt der schönen Leich am Eingang des Zentralfriedhofs, wo es an manchen Tagen ein Treiben wie auf einem Flughafen gibt. Touristen stellen sich die interessantesten Routen durch die Totenstadt zusammen, Kellnerinnen servieren um ihr Leben, ab und zu versammeln sich dunkle Kleidergruppen offensichtlich für eine Live-Bestattung.

Gerade das scheinbar Selbstverständliche ist oft aus einer Auseinandersetzung mit würdigen und unwürdigen Argumenten hervorgegangen.

So nimmt man heutzutage die Mehrsprachigkeit Südtirols als wesentliches Merkmal des Landes, aber noch vor nicht allzu langer Zeit hat man den konsequent auf Italienisch/Deutsch schreibenden Lyriker Gerhard Kofler aufgefordert, sich gefälligst für eine Sprache zu entscheiden. Dabei ist es das Vermächtnis Gerhard Koflers, dass eine mehrfarbige Sprachfahne unverwechselbar durch die Literatur weht.

Wenn es in der Gesellschaft wirklich verbrecherisch rund geht, gibt es keinen Unterschied mehr zwischen Engeln und Dämonen, weil die Ermittler zu Tätern werden und die Täter ermitteln. Die Guten und die Bösen haben sich im großen Verbrechen gegenseitig Schachmatt gestellt.

Georg Haderer lässt in seinem quer über die Alpen verschütteten Kriminalfall den Chefermittler Major Schäfer im eigenen Delirium verschwinden. Von der ersten Seite an geistert er durch unbekannte Wälder Richtung Schweiz, er weiß selbst, dass er das Gedächtnis verloren hat, und klammert sich an die Hoffnung, dass man ihn findet, aber ihn dann nicht seines Dämons beraubt. Schäfer ist restlos überfordert, neben einer therapeutischen Grund-Behandlung haben es ihm vor allem esoterische Seminare angetan.

„Insgesamt soll es – wie durch das bereits geschriebene angedeutet – vor allem um das historische Bewusstsein in der Antike und seine Entwicklung besonders in römischer Zeit gehen.“ (40)

In Jörg Rüpkes Monographie zur römischen Geschichtsschreibung geht der Autor der Frage nach, wie sich Geschichtsschreibung in Rom und über Rom entwickelt hat und unter welch unterschiedlichen Interessen und Formen Geschichtsschreibung von den zahlreichen römischen und griechischen Historikern der Antike umgesetzt worden ist.

Von Afghanistan weiß unsereins letztlich nur, dass das Land in Aufruhr und gleichzeitig zerbrochen ist. Dass es sich um ein Land mit hoch entwickelter Kultur und eigenständigen Gesellschaftsformen handelt, ist schon längst in den Kriegsmeldungen untergegangen.

Charlotte Erlih greift in ihrem Roman mit „Bacha Posh“ eine kulturelle Praxis auf, wonach in Familien ohne Söhne das älteste Mädchen Ansätze eines Sohnes-Lebens führen darf, damit sie in Fragmenten eine Schulbildung absolvieren kann.

Von Zeit zu Zeit sollte man als neugierig gebliebener Leser Texte von geschätzten Autoren mit etwas Meta-Stoff hinterlegen. Solche Bücher über Bücher sind durchaus unterhaltsam, fordern die Intelligenz heraus und stellen ein Instrumentarium zur Verfügung, das so etwas wie „lege artis“ in der Medizin entspricht.

Markus Bundi hat während seiner Alois Hotschnig Lektüre festgestellt, dass die meisten Begriffe bei diesem Autor nicht weiterhelfen, weil er offensichtlich etwas Neues erfunden hat. Ausdrücke wie Erzählperspektive und Erzählinstanz helfen nur bedingt weiter, weil Alois Hotschnig letztlich alles daran setzt, jeglichen Erzähler zum Verschwinden zu bringen. Das wertet den Leser auf, weil er letztlich zwar von allen Hilfsmitteln verlassen wird, dadurch aber auch Souveränität gewinnt.

„Die Theologie ist eigentlich ein Kuriosum an modernen Universitäten. Während andere Fachbereiche einen klar abgegrenzten Forschungs- und Lehrbereich haben, ist bei den Theologen nicht einmal klar, ob es den zentralen Gegenstand, der ihrer Wissenschaft Theologie den Namen leiht, ob es diesen Theos überhaupt gibt.“ (13)

Innerhalb der Theologie gilt die Dogmatik oder Systematische Theologie als Königsdisziplin, indem sie eine Art Gesamtschau der christlichen Glaubensinhalte überliefert. Kubitza zeigt in seinem Buch „Der Dogmenwahn“ auf, mit welchen Mitteln Dogmatiker versuchen, ihre dogmatischen Systeme gegenüber der Wirklichkeit zu rechtfertigen. Dabei kommt es zu „imposanten Ausweichversuchen, Selbstwidersprüchen, Ablenkungsmanövern, sprachlichen Vernebelungen“ (14) die für eine universitäre Wissenschaft überraschend erscheinen.