Eva Rossmann, Krummvögel

Was tun eigentlich die Aussteiger, wenn sie aus der Stadt flüchten und sich am Land niederlassen? Gibt es eine Aussteigerkultur? Und woher wissen diese Helden, wie sie ihre Abenteuer anzugehen haben?

Eva Rossmann schickt die Ich-Erzählerin Anna und ihren Hans in eine abenteuerliche Gegend, die es durchaus mit dem Inventar des Weinviertels aufnehmen kann. Die beiden müssen eine Auszeit vom öffentlichen Leben nehmen, weil der Erzählerin im Zusammenhang mit der Ausländerpolitik der Regierung die Hand ausgekommen ist, in welcher eine Torte gelagert war, die dem Bundeskanzler ins Gesicht gezischt ist.

Aber man kann nicht einfach so aufs Land fahren, weshalb die beiden eine Sinn-Expedition ausrufen, sie suchen nämlich nach Krummvögeln.

Wem immer sie auch davon erzählen, niemand nimmt ihnen die Recherche krumm. Manche helfen mit Ratschlägen, andere haben offensichtlich schon mit Krummvögeln zu tun gehabt. Bekannt ist letztlich nur, dass diese Vögel fast so groß wie ein Strauß sind und garantiert vorkommen. Pumpen ächzen und seufzen wie Vögel durch das Gelände, wenn man aber nähertritt, riecht man das Erdöl, das sie seit Jahrzehnten fördern.

Ein liebenswürdiger Nachbar hat eine Augenverletzung, weil er sich seinerzeit beim Hitlergruß als Kind zu heftig mit dem Kalk-Kübel ins Auge salutiert hat. Natürlich wollen die Einheimischen langsam wissen, was es mit dem Tortenwurf der Erzählerin auf sich hat. - Ja es war eine politische Aktion! Mehr lässt sich nicht sagen.

Da das erzählende Paar ziemlich in der Literatur bewandert ist, lässt es sich nicht nur manchmal von Musil treiben sondern stößt auch auf den sagenhaften Baumeister Anton Corwald aus der Gegend, der in einem Roman von Hans Platzgumer beim Bau der Trans-Maghreb zum Leben erweckt worden ist. Vielleicht handelt es bei dieser Realitätserweckung um einen ähnlichen Vorgang wie bei den Krummvögeln.

Dann soll ein Graf entführt worden sein, vielleicht als Zeitungsente, vielleicht aber auch als Projekt der Sicherheitsdienststelle. Zwischendurch kommt der Zeitgeist als erfolgreicher DJ verkleidet ums Eck, und wenn etwas unklar ist im Land, klärt die Große Zeitung alle vorsichtshalber einmal auf.

„Also Aussteiger bin ich keiner, sagt Hans.“ (192) Vielleicht tun es auch Trappen, die als Krummvögel durchgehen, wenn das Ambiente stimmt.

Eva Rossmann erzählt flockig von dieser Landluft, die allerhand Gerüche durch die Gegend weht, aber niemandem auf den Keks geht. Die Figuren sind durchaus bereit, hinter dem Smalltalk einen kleinen Gedankengang durchschimmern zu lassen, aber sie ziehen sich dann wieder zurück, ehe jemandem eine Meinung auskommt, die einem anderen die Idylle verwässern könnte. - Leicht, ausgestiegen, die Komplementär-Menge zur urbanen Austro-Raunzerei.

Eva Rossmann, Krummvögel. Roman.
Innsbruck: Limbus 2013. 214 Seiten. EUR 18,90. ISBN 978-3-902534-72-9.

 

Weiterführende Links:
Limbus-Verlag: Eva Rossmann, Krummvögel
Wikipedia: Eva Rossmann

 

Helmuth Schönauer, 15-05-2013

Bibliographie

AutorIn

Eva Rossmann

Buchtitel

Krummvögel

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2013

Verlag

Limbus-Velag

Seitenzahl

214

Preis in EUR

18,90

ISBN

978-3-902534-72-9

Kurzbiographie AutorIn

Eva Rossmann, geb. 1962 in Graz, lebt im Weinviertel.