Harald Gordon, Die Memoiren des Fredi P.

Wenn man das Leben ernsthaft genug betreibt, hat man auf jeden Fall genug Stoff für seine Memoiren.

Harald Gordon lässt seinen dreizehnjährigen Fredi mit kühner Miene aufmarschieren, ähnlich dem Oskar in der Blechtrommel ist er irgendwie fertig auf die Welt gekommen und hat auch schon als Schüler einen ziemlichen Überblick über die Welt.

Während der Held bei Grass vielleicht ein empfindsames Naturtalent ist, ist Gordons Wunderkind vor allem das Ergebnis kluger österreichischer Bildungspolitik und einer funktionierenden Schulbibliothek. Fredi hat nämlich die Schnauze voll, dass er zwar lesen und schreiben gelernt hat, aber ihn niemand um seine Meinung fragt. Also beschließt er im Stile lebenserfahrener Haudegen, alles, was sich so zuträgt, als wahre Geschichte aufzuschreiben.

So wächst sich alles, was man im Laufe eines Schuljahres gegenüber den Lehrern und Mit-Genossen aufführen muss, zu einer echten Story aus, wenn man nur alles sorgfältig aufschreibt. Der erste Schultag ist genauso ein Höhepunkt wie die Lehrerin, die daneben steht. Am Nachmittag gibt es vielleicht einen neuen Freund, Opa hat sich nämlich einen Hund zugelegt. Und schon kommen Grüße aus dem Zeltlager, auf dem absolut nichts los ist, außer dass man im Regen wunderschöne Grüße nach Hause schicken kann. Wenn man mit dem Postskriptum gut umgehen kann, lässt sich auch nach der Grußformel noch die eine oder andere Episode in Briefform kleiden.

Fredi kommt in seinem Memoiren-Orgasmus immer besser in Fahrt und probiert zwischendurch neue Gattungen aus, wie etwa das Tagebuch.

Jetzt hab ich mich doch dazu entschlossen, ein Tagebuch zu schreiben. Hätte ich schon früher machen sollen. Die Einkaufszettel wiederholen sich ja auch. Die muss ich nicht immer neu erfinden. Tagebuchschreiben ist schön. (58)

Fredi schreibt und schreibt und als Leser hat man keine Ahnung, wie aufregend so ein Schüler-Leben sein kann, wenn man es aufschreibt. Selbst das Gelesene lässt sich noch als Abenteuer verbrämen, wenn man es als wahre Geschichte nimmt.

Mit der Zeit entwickelt sich ein Stil, der die üblichen Bildungsziele ziemlich konterkariert. Für Bibliothekare und Lehrer muss es schrecklich sein, wenn sie anhand dieser Memoiren nachlesen, wie äffisch die Bildung wird, wenn man sie wörtlich nimmt. Fredi hat sich schon längst zu einem pfiffigen Arschloch entwickelt, das den Erwachsenen ihre Welt mit schönen Wörtern um die Ohren haut.

Sind die Memoiren des Fredi P. nun ein Jugend- oder Erwachsenenbuch? Das ist letztlich egal, meint der rasende Autor, wichtig ist nur „dass du selber schreibst, so schnell wie du liest und lebst, dann hast du gewonnen.“ (105)- So das war‘s!

Harald Gordon, Die Memoiren des Fredi P. Wahre Geschichten.
Innsbruck, Wien: Kyrene 2012. 105 Seiten. EUR 12,50. ISBN 978-3-900009-97-7.

 

Weiterführende Links:
Kyrene-Verlag: Bücher
Wikipedia: Harald Gordon

 

Helmuth Schönauer, 05-06-2012

Bibliographie

AutorIn

Harald Gordon

Buchtitel

Die Memoiren des Fredi P.

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2012

Verlag

Kyrene-Verlag

Seitenzahl

105

Preis in EUR

12,50

ISBN

978-3-900009-97-7

Kurzbiographie AutorIn

Harald Gordon, geb. 1952 in Leoben, lebt in Großlobming.