Judith Nika Pfeifer, zwischen

Dieser seltsame Zustand „zwischen“, quasi nicht Fisch und nicht Fleisch, oder „eingeklemmt“ wie es der Lyriker N.C. Kaser einmal genant hat, gilt am Kontinent als österreichische Kernmentalität: Nicht anstreifen, nicht dabei sein, nicht Farbe bekennen.

Judith Nika Pfeifer stellt zwölf Prosa-Sequenzen vor, die jeweils von einem Zwischenzustand, Zwischengefühl oder Zwischenreich handeln. Gleich zu Beginn wird ein „Zwischenfall“ eingefroren und zurück zum Ausgangspunkt geschickt.

Es beginnt mit einem Begräbnis, auf dem die Zeit rückwärts rennt, das Grab versiegelt sich wieder zur unscheinbaren Grasfläche, die Toten sind wieder zurückgeschickt ins Leben, die Trauernden gehen arschlings ihrem Alltag nach. Im Hintergrund schwebt eine Zirkusnummer aus dem Jahre 1949, als Vater und Tochter auf einem Seil über den Donaukanal balancieren und dabei im „Zwischen“   erzählerisch eingefroren werden.

In einem scheinbar ungeordneten Text, der durchaus Längen wie ein Fußballspiel hat, tragen die Akteure eines Fußballspiels Meinungen, Fouls, Regeln und Interviewfetzen zusammen, um dem aktuellen Spielfeld zu entkommen. Fußball ist nur ein Interaktionsfeld, auf dem die Sätze zwischen den Akteuren hin und hergeschoben werden.

„Ein Kitz mit Kopfschuss im Kindergartenalter“ (66) bringt unser Gemüt zum Wallen, zumal es zwischen der Jagd und der Monarchie einen direkten Zusammenhang gibt. Der Thronfolger, der stolz zig-tausend Tiere geschossen hat, ist maßlos verblüfft, als er selbst erschossen wird. Zwischen einem Reh und dem Thronfolger soll gefälligst unterschieden werden, meint die monarchistisch angehauchte Jagd-Deutung.

Eine Protagonistin ist berühmt für ihre Floskel „Keine Angst!“. Tatsächlich kommt sie unter die Räder eines Autos und kann immer noch keine Unterscheidung zwischen der Fügung und dem Gemütszustand herstellen.

Zwischen Beruf und Lebensprogramm soll sich eine kellnernde Schriftstellerin entscheiden, aber sie kriegt es nicht hin, weil es zum Schreiben gehört, dass man es nicht ausübt und in einem Beruf verrottet. Aus dieser verklemmte Situation lässt sich auch nicht über eine Beziehung entkommen, denn der ökonomische Faschismus zeigt sich im Schein der Unausweichlichkeit, zitiert der Lover seinen Bourdieu. So etwas wie Trost kann am ehesten das Motto dieser Geschichte stiften:

Der Zweck des Schläfers ist sein Aufwachen. (96)

Judith Nika Pfeifer dreht ihre Geschichten um wie durchgelegene Matratzen und versucht es in einer neuen Auflage, die scheinbar fixen Sinnkreise werden neu durchmischt, scheinbar hilfreiche Floskeln so lange weggeworfen, bis sie niemand mehr apportiert. - Eine vergnügliche Neuinszenierung von Storys zwischen den Marksteinen fester Vorstellungsflächen.

Judith Nika Pfeifer, zwischen. Prosa.
Wien: Czernin 2014. 109 Seiten. EUR 17,90. ISBN 978-3-7076-0487-0.

 

Weiterführende Links:
Czernin Verlag: Judith Nika Pfeifer, zwischen
Homepage: Judith Nika Pfeifer

 

Helmuth Schönauer, 03-12-2014

Bibliographie

AutorIn

Judith Nika Pfeifer

Buchtitel

zwischen

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Czernin Verlag

Seitenzahl

109

Preis in EUR

17,90

ISBN

978-3-7076-0487-0

Kurzbiographie AutorIn

Judith Nika Pfeifer, geb. 1975 lebt in Graz.