Reinhard Kleindl, Baumgartner und die Brandstifter

Wenn die Sinnesorgane auf Verbrechen eingestellt sind, entdecken sie überall und in den idyllischsten Lagen jenen Rauch, der bei Verbrechen gerne aufsteigt.

Reinhard Kleindl ist mit seinem Krimi-Helden Baumgartner literarisch raffiniert unterwegs. Dadurch, dass Baumgarnter wie alle österreichischen Beamten vom Hocken sehr müde und derangiert ist, braucht er nur die halbe Zeit im Einsatz zu sein. Auch im neuen Krimi kommt er erst in der zweiten Ermittlungshalbzeit zu seinem Auftritt, völlig von Tabletten niedergerungen und auch sonst nur bei losem Verstand.

Das Verbrechen nimmt auf den Zustand der Kommissare selten Rücksicht. Im aktuellen Fall sieht ein Bankdirektor auf seiner Dienstfahrt im Zug zwischen Maribor und Graz gleich hinter der Grenze Spielfeld Rauch aufsteigen. Da brennt es ordentlich, denkt er. Das ist es auch schon, er ist in diesem Fall nur als Brandmelder vorgesehen.

Es sind noch einige Zufallstypen im Spiel, ehe aus der Rauchsäule auf der ersten Seite ein formidabler Fall wird. Bei den Eggers hat es ordentlich gebrannt, die alte bettlägerige Oma ist tot, die Angehörigen sind überrascht, während des Brandes nämlich haben sie eine Hochzeit gefeiert.

Jetzt taucht die Vermutung auf, dass der Brand gelegt ist, aber der dafür zuständige Baumgartner ist noch in den Tabletten untergetaucht, so dass ein Reserve-Kommissar den Fall übernimmt und sich dadurch eine Beförderung erwartet. Daraus wird aber nichts, denn der Reserve-Kommissar kann nicht intuitiv denken, und der Egger-Fall ist eine Familienangelegenheit. Familienangelegenheiten aber sind nie logisch zu lösen und schon gar nicht, wenn sie einen kriminellen Beigeschmack haben.

Jetzt taucht endlich Baumgartner auf und die Geschichte wird ein richtiger Krimi. Bei den Eggers ist seinerzeit ein Kind vom Vater überfahren worden, das hat man aber vertuscht, die Tochter ist durchgebrannt, das hat man verleugnet. Aus Rache und Hilflosigkeit ist die Tochter Nutte geworden und tablettensüchtig wie ein Kommissar. Ihr Zuhälter hat allerhand Geschäfte im Auge, die sich mit Erpressung beschleunigen lassen. Und dann geht es drunter und drüber und das ganze Haus brennt ab.

Baumgartner klärt selbstverständlich die ganze Sache, die einerseits verzwickt und andererseits marginal ist. Die genaue Lösung des Falles darf hier nicht verraten werden.

Reinhard Kleindls Kriminalroman wehrt sich immer wieder, ein Krimi zu sein. Manche Figuren sind als Ablenkung eingeführt, andere bestehen aus bloßer Luft. Das sogenannte Verbrechen ist eher eine Entgleisung, die passiert, wenn nichts passiert. Im Endeffekt geht es nämlich darum, wie im Süden der Steiermark manche Familien so dahinleben und nicht einmal durch ein Verbrechen wach geküsst werden können. – Eine sehr unauffällige Milieustudie in entlegenem Ambiente.

Reinhard Kleindl, Baumgartner und die Brandstifter. Kriminalroman
Innsbruck: Haymon 2015, (= TB 196), 311 Seiten, 12,95 €, ISBN 978-3-7099-7823-8

 

Weiterführende Links:
Haymon Verlag: Reinhard Kleindl, Baumgartner und die Brandstifter
Homepage: Reinhard Kleindl

 

Helmuth Schönauer, 17-11-2015

Bibliographie

AutorIn

Reinhard Kleindl

Buchtitel

Baumgartner und die Brandstifter

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2015

Verlag

Haymon Verlag

Illustration

TB 196

Seitenzahl

311

Preis in EUR

12,95

ISBN

978-3-7099-7823-8

Kurzbiographie AutorIn

Reinhard Kleindl, geb. 1980 in Graz, ist Slackline-Profi.