Michael Hufnagl, Die sagenhafte Wortlawine

Buch-CoverVielleicht muss man sich gegen Wortlawinen genauso schützen wie gegen echte Lawinen. Am besten wird es sein, gefährliches Gelände zu gewissen Zeiten gar nicht zu betreten, und wenn man in diese semantisch abrutschenden Hänge hineingeleitet, sollte man wenigstens eine Wortschaufel und einen Sinn-Pieps mit dabei haben.

Michael Hufnagl packt den allgemeinen Seufzer, dass zu viel Trash im Gelände liegt, bei den Hörnern und fasst ihn wie jeden einzelnen der Unsinnssätze zuerst einmal wörtlich auf.

Wie geht’s? - Wahrscheinlich gibt es keine klügere und gleichzeitig blödere Frage, als diese Eintrittsfloskel für ein Gespräch. Jeder wird diese Frage vermeiden, und gleichzeitig hat jeder seine persönliche Antwort darauf. Gut im Rennen liegen Antworten wie „so lala“ oder „Danke der Nachfrage“.

Journalistisch flockig aufgequirlt geht es in der Folge um rhetorische Schlüsselerlebnisse wie Witze Erzählen, saloppes Begrüßen und Verabschieden, Zitieren falscher Größen, Endlosschleifen in der Kommunikation, oder gähnende Leere beim Öffnen des Mundes.
Nichtssagende Dauerbrenner kriegen endlich einmal ein eigenes Kapitel und werden nach Strich und Faden zerlegt.

Bestsellersätze im Nonsensbereich sind:

  • alles im grünen Bereich
  • dreimal darfst du raten
  • liebst du mich noch
  • alles ist möglich nichts ist fix
  • voll suprig und urcool.

Ein Leckerbissen im wahrsten Sinne des Wortes ist der doofe Hundesatz, „der will nur spielen“, wenn bereits ein Stück aus dem Hintern gebissen ist.

Niemand entkommt diesen blöden Sätzen, wir könnten sie wahrscheinlich nur vermeiden, wenn wir den Menschen aus dem Weg gehen würden. Also ist es oft günstig, diese Wortlawinen über sich ergehen zu lassen und zu hoffen, nicht restlos mitgerissen zu werden.
Nach diesem Schnell-Ratgeber ist man als Leser einen Moment lang schockiert, dass Floskeln tatsächlich in dieser Häufigkeit auftreten. Man sucht sich natürlich lebende Anwender dieser Nonsensrituale und findet vermutlich zu jeder Floskel ein passendes Gesicht aus dem eigenen Bekanntenkreis.

Aber klugerweise sollte man auch seine eigenen Floskeln kennen. Und wenn man diese schon nicht los wird, dann sollte man sie zumindest updaten und spielerisch verändern.

Michael Hufnagels Buch ist sehr milde zu uns. Wir reden alle im Laufe eines Tages viel Trash zusammen, aber es ist nicht so schlimm, weil wir es ja alle tun.

Michael Hufnagl, Die sagenhafte Wortlawine. Wir reden viel und sagen wenig. Unsere Sprache im Alltag. Illustrationen von Stefan Torreiter.
Wien: Pichler Verlag 2007. 155 Seiten. EUR 14,90. ISBN: 978-3-85431-434-9.

 

Weiterführende Links:
Pichler-Verlag: Michael Hufnagl, Die sagenhafte Wortlawine

 

Helmuth Schönauer, 14-05-2007

Bibliographie

AutorIn

Michael Hufnagl

Buchtitel

Die sagenhafte Wortlawine. Wir reden viel und sagen wenig. Unsere Sprache im Alltag.

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Pichler Verlag

Illustration

Stefan Torreiter

Seitenzahl

155

Preis in EUR

14,90

ISBN

978-3-85431-434-9

Kurzbiographie AutorIn

Michael Hufnagl, geb. 1970 in Wien, schreibt für den KURIER.