Paul Flora, Wie's halt so kommt

Buch-Cover

Interessante Biographien haben entweder einen Lebensinhalt, der den Leser vom Sessel haut, oder eine Erzählweise, die jedes Publikum mit offenem Mund in den Bann zieht.

In Paul Floras Geburtstagsbiographie, der Jubilar wird 85, kommen beide Elemente einer gelungenen Biographie zum Tragen. Felizitas von Schönborn hat aus Gesprächen, Aufsätzen und Notizen einen Abenteuerroman eines Künstlers zusammengestellt, und Paul Flora, der Meister der verschmitzten Untertreibung, hat große Sachen bescheiden, und kleine Anekdoten süffisant unterdimensioniert zum Besten gegeben.

Wie bei jedem Künstlerleben sind es oft die unscheinbarsten Begebenheiten, die sich zu einer Karriere auswachsen. Bei Paul Flora dürfte es das begnadete Schulschwänzen gewesen sein, das ihm den Blick über die Berge hinaus in die Welt der nebelverhangenen Universalstruktur geöffnet hat.

In einer Anekdote schwänzt der Künstler wieder einmal die Schule und fährt nach Hall, um sich bei einem Kaffee den Tag ins Gemüt scheinen zu lassen, da hört er am Nebentisch, wie man von einem Schüler spricht, der überregional die Schule schwänzt. Solcherart gestärkt beschließt der Künstler bei sich, auf dem richtigen Weg zu sein.

Zwischen Lausbubenstreich und Geniestreich in einer Galerie ist oft kein Unterschied, in beiden Fällen ist es das Unberechenbare, das sich zu einem Abenteuer auswächst. Paul Flora gibt sich in seinen Darstellungen immer als Sir, aber an manchen Stellen ist das Kopfschütteln über die Zustände in der Kunst durchaus herauszuhören. So ist der Künstler schon beinahe dreißig Jahre alt, als er zum ersten Mal internationale Kunst zu Gesicht bekommt. Echte Provinz erkennt man nämlich daran, dass in ihr nur Provinz gezeigt wird.

Man kann diese provinzielle Denkweise heute kaum mehr nachvollziehen. Ich habe während meiner ganzen Jugend kein einziges Bild gesehen, das nicht von einem Tiroler Maler stammte. In Innsbruck war die Ausstellung eines Fremdlings damals undenkbar. (67)

Ähnlich verbretterte Zustände herrschen in den Fünfziger Jahren bei der Eröffnung des Pavillons im Innsbrucker Hofgarten. Gebaut ist das Ding bald einmal, aber dann dauert es Monate, ehe die diversen Kommissionen entscheiden, wer mit welchem Bild an welchem Nagerl hängen darf.

Paul Floras Leben läuft stoisch aufregend vor dem Leser ab, nichts ist überirdisch künstlerhaft, und doch ist alles von einer künstlerischen Empfindung durchdrungen. Die Verbindung zur Realität hat Flora nie verloren, da hilft ihm schon das Motto, wonach alles Arbeit ist und nichts Genie. Und die weise Lebenszusammenfassung ist ja auch nicht ohne: Nehmen, wie's halt so kommt.

Paul Flora, Wie's halt so kommt. Erinnerungen aufgezeichnet von Felizitas von Schönborn.
Zürich: Diogenes 2007. 312 Seiten. EUR 21,90. ISBN 978-3-257-06567-1.

 

Weiterführende Links:
Diogenes-Verlag: Paul Flora, Wie’s halt so kommt
Homepage: Paul Flora



Helmuth Schönauer, 06-07-2007

Bibliographie

AutorIn

Paul Flora / Felizitas von Schönborn

Buchtitel

Wie's halt so kommt. Erinnerungen

Erscheinungsort

Zürich

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Diogenes

Seitenzahl

312

Preis in EUR

21,90

ISBN

978-3-257-06567-1

Kurzbiographie AutorIn

Paul Flora, geb. 1922 in Glurns, lebt in Innsbruck.