Margit Schreiner, Haus, Friedens, Bruch

Buch-Cover

Wenn es im Leben drunter und drüber geht, hilft ein geradliniges Buch gar nichts, da muss eine Texttrommel her, die die Lebensgeschichte ordentlich durch wirbelt.

Margit Schreiners Konvolut mit dem aufgesplitteten Titel "Hausfriedensbruch" zerlegt eine komplizierte Lebenssituation in die scheinbar so harmlosen Wörter Haus, Frieden und Bruch. Die Ich-Erzählerin ist Schriftstellerin, Alleinerzieherin, Wechseljahrgang und Wohnungsbewohnerin. Aus diesen Zuständen ergibt sich ein rasantes Leben, das mit Überdruck durch die eigenen Adern schießt.

Äußerer Anlass für das Zusammenbasteln eines Textes über die inneren Zustände sind sowohl die Profession (eine Schriftstellerin muss einfach ununterbrochen schreiben!), als auch eine Couch, die alle Stückeln spielt (ein Körper, richtig gelagert, entwickelt von sich aus Gedanken und Text).

Literaturbetrieb, Hauswirtschaft und Kindererziehung gehen nahtlos in einander über, und wenn man darüber reflektiert, entsteht zuerst Stress und dann purer Trash.
So erfahren wir etwa vom Unglück beim Zahnarzt, als während eines Eingriffs die Nachricht über das Radio kommt, dass der Verlag der Schriftstellerin Konkurs angemeldet habe.

Die Anschaffung und Verwaltung eines Mountain-Bikes ist genau so kompliziert wie die Trennung von einem Mann, und für beide Gerätschaften gibt es keine Faustregel ihrer Benützung. Frauen sind ganz schön dumm, wenn sie sich auf Männer einlassen, aber auch Männer sind zumindest bei der Scheidung blöd, wenn sie sich auf Zahlungen einlassen, die sie ruinieren.

Die Deutschen sind nicht nur ziemlich humorlos, obwohl sie sich für witzig halten, sie können auch nicht richtig rezensieren und sind mit ihren Rezensionen schon gar nicht witzig. Das Publikum bei Lesungen besteht nur aus Frauen, aber sitzt einmal ein Mann im Publikum, tut er so, als hätte er alles gelesen und die Welt mit dem großen Löffel verspeist.

Immer wieder kommt der Ex in die Gedankenwelt der Erzählerin, man kann sich noch so trennen, in den gemeinsam erlebten Geschichten tauchen die Getrennten immer wieder gemeinsam auf.

Wohnungen bringen nur Unruhe, wenn man sich darin zur Ruhe setzen will. Die Erzählerin muss sogar im Vorraum schlafen, weil es sonst nirgendwo passt, die Tochter könnte über Nacht groß werden und eine eigene Wohnung brauchen, wie findet man überhaupt eine Wohnung und was tut man mit einer Doppelhaushälfte, die nicht dem Glücksgefühl entspricht.

Das ganze Leben ist Trash: Schreiben, Einkaufen, Lesungen abhalten, Reisen planen, die Möbel aufstellen. Nach einem langen Tag voller Gerümpel im Kopf tut es gut, auf der Wundercouch ein paar Stellungen auszuleben. Am Steuerdisplay lassen sich so wunderbare Befindlichkeiten einstellen wie: kneten und streichen, klopfen und streichen, walken und streichen, Shiatsu, Schulter, lockern und beleben.

Aber der einzige Sinn alles Geschriebenen wäre doch Trost zu spenden in mitten all des täglichen Wahns. Oder? (247)

Diesen letzten Satz des Buches beantwortet der Leser freudig mit Ja. Margit Schreiner spendet Trost, denn so kaputt kann der Alltagskrempel gar nicht sein, dass nicht seine Darstellung das Leben veredelte und zu etwas Schönem machte, mit oder ohne Couch.

Margit Schreiner, Haus, Friedens, Bruch
Frankfurt/M: Schöffling & Co 2007. 246 Seiten. EUR 18,90. ISBN 978-3-89561-277-0.

 

Weiterführende Links:
Homepage: Margit Schreiner
Verlag Schöffling und Co.: Margit Schreiner, Haus, Friedens, Bruch

 

Helmuth Schönauer, 03-10-2007

Bibliographie

AutorIn

Margit Schreiner

Buchtitel

Haus, Friedens, Bruch

Erscheinungsort

Frankfurt a. M.

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Schöffling & Co

Seitenzahl

246

Preis in EUR

18,90

ISBN

978-3-89561-277-0

Kurzbiographie AutorIn

Margit Schreiner, geb. 1953 in Linz, lebt in Linz.