Alek Popov, Die Hunde fliegen tief
Manche Bücher reißen uns zuerst mit dem Cover von den Beinen, ehe sie sie uns dann mit dem Text aus den Socken stülpen.
In Alk Popovs Roman fliegen die Hunde tief. Am Cover spaziert ein an beiden Armen durchgehend tätowierter Lebens-Bodyguard mit einem Dutzend Hunde an den Leinen den Gehsteig entlang mitten auf die Leser zu. Dieser Horde kann man nur ausweichen, wenn man das Cover raschaufschlägt und zu lesen beginnt.
Der Roman spielt interkontinental in Amerika und in Bulgarien. Die Helden sind auf tot gestellter Vater, der als Asche in einer Schuhschachtel die Handlung ins Rollen bringt und zwei Brüder. Der eine (Ned) macht auf groß in der Wallstreet, während sich der andere (Ango) mit absurden Jobs über Wasser halten muss, unter anderem führt er zickige Hunde reicher Leute zum Gassi machen in den Park.
So weit können die Betätigungsfelder freilich gar nicht auseinanderliegen, dass sie nicht über die Börse zu einem Höhenflug ansetzen könnten. Um die Aktien in die Höhe zu pushen wird vergiftetes Hundefutter auf den Markt geworfen, prominente Hunde werden entführt und am Ende fliegen wirklich die Aktien der Hunde tief. Während der Gelegenheitsarbeiter Ango quasi aus dem Nichts ein Hundeimperium installiert, muss der Neureiche Ned in seine alte Heimat zurückfahren um dort eine irrwitzig verkommene Fabrik vor dem Ruin zu retten. Und immer öfter tauche Schatten vershuschet Figuren und seltsame Spuren auf, die darauf hindeuten, dass der verstorbene Vater seinen Tod nur inszeniert hat, um endlich Ruhe von der Welt zu haben.
In Alek Popovs Roman wimmelt es nur so von Aufbruchsstimmung, heldenhaften Missionen und einem Optimismus, dass sich alles hinbiegen lässt, wenn man nur morgens frech genug aufsteht. Andererseits brechen alle diese Utopien wiederum aus heiterem Himmel auseinander, auf nichts ist Verlass.
Denn was sonst ist Heimat. Ein Ort, wohin die Toten zurückkehren und den die Lebenden verlassen. (407)
Die Hunde fliegen tief ist ein kühner Abenteuerroman aus der kalten Welt schneller Geschichte. Der Roman flirrt zwischen der Aufbruchsstimmung im alten Bulgarien und der hyperventilierenden Wallstreet sarkastisch hin und her. Skurrilität scheint die einzige Lebenshaltung zu sein, die auf Dauer Sinn macht. Letzten Endes muss man alle Gesichtszüge so lange dehnen, bis daraus eine Fratze geformt wird. - Alek Popov setzt den Lesern einen perfekter Hohlspiegel vor, damit sie die wahren Zusammenhänge dieser Welt erkennen können.
Alek Popov, Die Hunde fliegen tief. Roman. A. d. Bulgar. von Alexander Sitzmann. [Orig.: Chernata kutiya, Sofia 2007].
St. Pölten: Residenz 2008. 410 Seiten. EUR 22,90. ISBN 978-3-7017-1492-6.
Weiterführende Links:
Residenz-Verlag: Alek Popov, Die Hunde fliegen tief
Wikipedia: Alek Popov (engl.)