Rita Egger, Wohnen zu dürfen im Hause des Herrn

Buch-CoverAuch in akademisch hohen Kreisen geht es oft recht alltäglich zu. Rita Egger stellt in ihrem Roman die Protagonisten wie bei einer Vorabendserie dramaturgisch ausgewogen auf, nur dass anstatt plätschernder Unterhaltung religiöser Small talk einfließt.

Anneliese ist medizinisch-technische Assistentin in einem Labor einer Wiener Klinik, bei Überstunden für ein Forschungsprojekt lernt sie den Chemiker Manfred kennen, und schon hat das Leben einen anderen Sinn.

Dieser Manfred nämlich ist Jungwitwer im doppelten Sinn, er hat jung geheiratet und seine junge Frau jung verloren. Jetzt gibt es eine zweite Chance im Leben, und tatsächlich heiraten die beiden in akademischen Kreisen.

Die Verwandtschaft turtelt herum, es gibt allerhand Rituale zu verrichten, Besuche abzuwickeln und jeder Angehörige darf nur mit einem streng reglementierten Gesprächsstoff angetastet werden, sonst gibt es Eintrübungen im Small talk.

Immer wieder bricht dieses seltsame religiöse Gesprächsfieber aus. Manfred nämlich hat sich von der Kirche abgewendet und Anneliese ist eine glühende Glaubensbotschafterin. Alles, was so geschieht, hat einen höheren Sinn, und wenn man lange genug hinschaut, sieht man immer wieder die Handschrift des Herrn.

Ob die Hochzeitsreise nun nach Südtirol geht oder die Dienstreise die Figuren nach New York führt, immer taucht eine Kirche als Mahnmal auf und fordert Manfred auf, zum Herrn zurückzukehren.

Anneliese lässt inzwischen der Natur freien Lauf und wird ununterbrochen schwanger. Kaum hat der Leser von einer Seite auf die nächste umgeblättert, ist die Kinderstube schon wieder voller geworden. Einmal gibt es eine so genannte Totgeburt, aber dann lernt so gar der Chemiker das Geschäft der Hebamme und umsorgt seine Frau äußerst liebevoll, wenn auch nicht mit dem richtigen religiösen Herzen.

Als dann das dritte Kind getauft wird, schüttelt es den bis dahin so agnostischen Vater, er kehrt in den Schoß der Kirche zurück und bittet im Psalm inbrünstig:

Wohnen zu dürfen im Hause des Herrn all meines Lebens Tage! (141)

Die Figuren laufen während des Romans immer so geschickt auf einander zu, dass stets eine kleine religiöse Diskussion stattfinden kann. Eingelullt von trivialem Alltag kommen recht brave Gedanken nach dem Sinn des Lebens heraus, Gottesbeweise purzeln durch die Küchenlandschaft und wo die Sprache nicht mehr weiter hilft, wird mit Seufzern und runzelndem Gesichtsausdruck die Wehmut unterlegt.

Wenn feine Leute ihren Gefühlen Ausdruck verleihen wollen, rinnt manchmal eine geradezu infantile Sprache aus den gut abgetupften Mündern.

Aus Maria, dem süßen Baby, hatte sich ein eigenständiges kleines Persönchen entwickelt. Sie war nun fast vier Jahre alt und das ganze Entzücken ihrer Eltern. Auch Manfred gab sich, soweit es seine Zeit erlaubte, viel mit ihr ab und er verschwand nie in sein Labor, ohne sie vorher hochzuheben und zu herzen. (101)

Rita Egger hat einen emotional durchtränkten religiösen Aufbau-Roman geschrieben, bei dem wirklich alles gut ausgeht. Manches ist so katechetisch einwandfrei, dass man sich fragt, warum es dazu die liberale Gestaltungsform eines Romans braucht, um diese gottesfürchtigen Thesen unter das Publikum zu bringen.

Rita Egger, Wohnen zu dürfen im Hause des Herrn. Roman.
Frankfurt a. M: edition fischer 2008. 141 Seiten. EUR 9,80. ISBN 978-3-89950-928-1.

 

Helmuth Schönauer, 30-01-2008

Bibliographie

AutorIn

Rita Egger

Buchtitel

Wohnen zu dürfen im Hause des Herrn

Erscheinungsort

Frankfurt

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

edition fischer

Seitenzahl

141

Preis in EUR

9,80

ISBN

978-3-89950-928-1

Kurzbiographie AutorIn

Rita Egger wohnt in Innsbruck.

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