Georg Dox, Kampf um den Kreml

Buch-CoverManche Zeitgeschichte-Bücher sind so spannend, dass man daneben keinen Krimi mehr lesen muss. - Der Kampf um den Kreml handelt von den Umstürzen, Machenschaften und politischen Tricks, mit denen letztlich die neue Kaste in Russland an die Macht gekommen ist.

Gerade in unseren Breitengraden erwecken im Tourismus die neuen Russen immer wieder Bewunderung wegen ihrer unverwechselbaren Kultur und ihres oft sagenhaften Reichtums.

In diesem Buch wird beschrieben, was in Russland momentan so los ist, wer sich das Geld unter den Nagel gerissen hat und wer deshalb die Zeche bezahlen muss.

Georg Dox geht das letzte Jahrzehnt anhand jener Ereignisse durch, die auch im Westen durch tägliche Berichterstattung bekannt sind. So entsteht beim Leser einerseits ein Déjà-vu-Erlebnis bei Einzelheiten, andererseits baut sich plötzlich eine Logik der Geschehnisse auf, die geradezu unheimlich ist.

Die wichtigsten Themen dieses Parforce-Rittes sind etwa: Jelzin, Kaukasus, Tschetschenenkriege, Oligarchien, Rosenrevolution, Orange Revolution, Journalismus, Rohstoffkriege, Putinkult.

Georg Dox bringt die Ereignisse cool in Erinnerung und analysiert dann die Auswirkungen dieser Wendepunkte auf den Fortgang der Geschichte. Dabei spart er nicht mit klaren Behauptungen. Der ?Putinkult sei etwas beinahe Widerliches, das selbst den Darbietern schon fast peinlich wird, heißt es etwa.

Aber auch jede Menge Zeitzeugen und Augenzeugen kommen zu Wort, in einem umfangreichen Literaturverzeichnis sind im Anhang die Quellen aufgeschlüsselt.

So sagt der Politiker Jawlinski über den Systemwechsel von der Plan- zur Marktwirtschaft, dieser sei deshalb so chaotisch erfolgt, ?weil zuerst gehandelt und dann, wenn überhaupt, für die neu geschaffenen Realitäten eine Rechtsform nachgeliefert wurde. (31)

Aber auch historische Mythen und weiße Flecken werden angesprochen. Über den Nordkaukasus etwa gibt es fast nichts an Darstellung, was den wirklichen Ereignissen entspricht, das beginnt beim Mythos, wie Stalin die Bergvölker heimgeholt hätte und endet in der Gegenwart, wo Journalistinnen wie Anna Politkowskaja liquidiert werden, wenn sie über dieses Tabu-Thema schreiben.

Zum Unterschied von Krimis, wo die Toten alle Fiktion sind, geht es bei diesem Kreml-Krimi um echtes Leid, echten Luxus und echte Macht.

Wenn das nächste Mal ein Oligarch mit seiner Privatmaschine irgendwo vor einem westlichen Wellness-Tempel landet, um ihn nach der Kur aufzukaufen, wissen wir wenigstens, wie es zu diesem Reichtum gekommen ist.

Georg Dox, Kampf um den Kreml.
Salzburg: Ecowin Verlag 2008. 213 Seiten. EUR 19,90. ISBN 978-3-902404-53-4.

 

Weiterführender Link:
Wikipedia: Georg Dox

 

Helmuth Schönauer, 02-07-2008

Bibliographie

AutorIn

Georg Dox

Buchtitel

Kampf um den Kreml

Erscheinungsort

Salzburg

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Ecowin Verlag

Seitenzahl

213

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-902404-53-4

Kurzbiographie AutorIn

Georg Dox, geb. 1956 in Linz, ist ORF-Korrespondent in Moskau.