Inge Kloepfer, Aufstand der Unterschicht

Buch-CoverEin ziemlich gut gekleideter Typ versucht in München vom Odeonsplatz über die Fußgängerzone zu seiner Firma zu kommen, dabei wird er mehrmals angepöbelt und bedroht, er muss ordentlich Maut zahlen und am Schluss brennt ihm noch eine Lady mit der Zigarette ein Loch in den wertvollen Anzug.

Security kommt ihm entgegen und rettet ihn vorläufig.

Diese Angst erweckende Geschichte stellt Inge Kloepfer am Anfang ihrer Überlegungen. Wenn wir nicht Maßnahmen treffen, kann so ein Fall Alltäglichkeit werden, denn die Unterschicht kommt verlässlich auf uns zu und wird einen Teil des öffentlichen Geschehens in ihre Gewalt bringen.

Am Beispiel der didaktischen Figur Jascha wird gezeigt, wie Unterschicht entsteht, was sie bestärkt, warum sie ständig wächst und warum sie eine eigene Kultur entwickeln muss.

Die Gründe sind zwar einleuchtend, dennoch aber geschieht kaum etwas, um diesem unguten Trend entgegenzusteuern.

Wer arm ist, vererbt diese Armut, denn Armut macht auch in der nächsten Generation arm.

Wer Kinder hat, wird beinahe automatisch arm und hat dann arme Kinder.

Wenn ein Stadtviertel einmal gekippt ist, gibt es kein Halten mehr, der soziale Abstieg ganzer Viertel ist dann vorprogrammiert. Nicht die Migranten sind dabei das Problem, sondern die soziale Abstiegsstufe, Harz vier versammelt Harz vier um sich.

Wenn der Abstieg einmal gelaufen ist, bringt auch Bildung keine Rettung mehr, denn für Bildung und Aufstieg sind Grundkenntnisse von Lesen, Fiktion und Zukunftsoptimismus notwendig.

Das ist ja by the way das Problem dieses Buches, es wendet sich an Gebildete, die sich Sorgen um die Zukunft machen, während die zum Abstieg Verdammten nicht erreicht werden.

In einem Epilog stellt die Autorin ein paar Ansätze für Lösungen vor:

  • Wir müssen an die Talente glauben.
  • Wir müssen uns um die Kinder und Jugendlichen kümmern.
  • Wir müssen umdenken.

Im Konkreten bedeutet das: Familien brauchen Netzwerke, die schwachen Viertel müssen lebenswert werden, die Schulen müssen sich grundlegend verändern.

Gut gebrüllt Kloepfer, denkt man sich als Leser. Als Beschreibung und Prognose ist das Buch recht passabel, die Wirklichkeit dürfte aber anders ablaufen. Denn längst hat die Unterschicht eine eigene Sprache und einen eigenen Überlebens-Code entwickelt.

Vielleicht lässt sich die Zukunft der Unterschicht nur so bewältigen, dass diese Kultur gleichwertig mit der sogenannten Oberschicht gesehen wird. Es gibt nämlich nicht nur eine Intelligenz der Dokumentation und Argumentation sondern auch eine für das reine Überleben. Und die Überlebensintelligenz ist in der Unterschicht heftig vorhanden!

Inge Kloepfer, Aufstand der Unterschicht. Was auf uns zukommt.
Hamburg: Hoffmann und Campe 2008. 300 Seiten. EUR 20,60. ISBN 978-3-455-50052-3.

 

Weiterführende Links:
Verlag Hoffmann und Campe: Inge Kloepfer, Aufstand der Unterschicht
Wikipedia: Inge Kloepfer

 

Helmuth Schönauer, 01-10-2008

Bibliographie

AutorIn

Inge Kloepfer

Buchtitel

Aufstand der Unterschicht

Erscheinungsort

Hamburg

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Hoffmann und Campe

Seitenzahl

300

Preis in EUR

20,60

ISBN

978-3-455-50052-3

Kurzbiographie AutorIn

Inge Kloepfer, geb. 1964, lebt in Berlin.