Sabine Groschup, Teufels Küche

Buch-CoverDie besten Geschichten spielen noch allemal beim Friseur, entweder fallen beim Haarschnitt die spannendsten Plots zu Boden, oder im Trash-Magazin, in welchem das Frisur-Opfer blättert, werden die haarsträubendsten Geschichten aufgetischt.

Die Kommissarin Merle sitzt in Wien beim Friseur und lässt sich die Haare färben, da strolcht ein Kind herum und zeigt einen Zettel vor.

Auf dem Zettel steht, dass es sich um Konrad handelt und ihm die Zunge herausgeschnitten worden ist. Die Mutter wird gefangen gehalten und zwar in Teufels Küche.

Jetzt gibt es kein Halten mehr. Stracks wird Konrad gerettet, indem er bei einer Gastfamilie aufgenommen wird, und Merle setzt alle Hebel in Bewegung, um Teufels Küche aufzuspüren. In einer Parallelaktion wird in Innsbruck und Wien ermittelt, das geheimnisvolle Verließ soll sich nämlich in Innsbruck befinden, während ein Teil des teuflischen Personals in Wien agiert.

Polizisten und potentielle Opfer reagieren streng nach den Ritualen von Klischees. Liebesbeziehungen finden aus der Hüfte heraus statt, und natürlich spielt ein Pilot den Mega-Part, indem er in allen Kontinenten eine Geliebte hält. Die Gastfamilie legt sich einen Hund zu und nennt ihn wie in einer Vorabendserie Hund. Hund weiß um seine Rolle und benimmt sich wie ein Film-Tier, in dem er jeweils zur rechten Zeit bellt oder wie tot umfällt.

In Manier einer Amtrac-Verfolgungsjagd huschen Beamte durch den Intercity von Wien nach Innsbruck, ehe sie am Innsbrucker Hauptbahnhof bemerken, dass alles für die Wäsche ist.

Ab und zu stirbt ein Opfer an Erschöpfung und stachelt die Verbrecherjagd noch weiter an. Ein geheimnisvoller Mister Teufel versucht sich offensichtlich an einem mutmaßlichen Peiniger zu rächen und setzt ständig neue Spuren. Und am Schluss klärt sich alles schnell und easy auf, wie oft in Filmen, in denen plötzlich das Budget für den Dreh aufgebraucht ist.

Sabine Groschup greift lüstern in die Erzählklischees der sogenannten Provinzkrimis. Die Parallelaktion Innsbruck Wien hat das skurrile Höchst-Niveau eines Romans Marke "Mann ohne Eigenschaften", die Heldendramaturgie mündet am Ende jeden Kapitels in den Puffer eines Provinz-Plots.

Auch sonst wird alles, was so an Erzählgut zwischen Satanismus und Pädagogik herumliegt, aufgegriffen und mit Lust ernst genommen, man denke nur an den Konrad ohne Zunge, der ja durchaus einem Kapitel aus Struwwelpeter stammen könnte. Da wird ja auch alles abgeschnitten, was nicht pädagogisch lauter wirkt.

Teufels Küche greift eine sprachliche Fügung auf und drechselt daraus einen facettenreichen Alltagskrimi. Als Leser lacht man immer wieder laut auf, denn wörtlich genommen gerät die Literatur bekanntlich wie von selbst in die Groteske. Sabine Groschups Ausflug in Teufels Küche ist makaber unkorrekt, dieser Roman unterfliegt mit Wollust alle gängigen Krimis und trifft dabei auf den österreichischen Alltag.

Sabine Groschup, Teufels Küche. Roman.
Wien: Czernin 2008. 247 Seiten. EUR 19,80. EUR. ISBN 978-3-7076-0268-5.

 

Weiterführende Links:
Czernin-Verlag: Sabine Groschup, Teufels Küche
Homepage: Sabine Groschup

 

 

Helmuth Schönauer, 04-11-2008

Bibliographie

AutorIn

Sabine Groschup

Buchtitel

Teufels Küche

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Czernin

Seitenzahl

247

Preis in EUR

19,80

ISBN

978-3-7076-0268-5

Kurzbiographie AutorIn

Sabine Groschup, geb. 1959 in Innsbruck, lebt in Wien und Berlin.

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