Norbert Parschalk, Andreas Hofer

Buch-CoverAuf einem Weinfass im Himmel nuckelt Andreas Hofer durch die Ewigkeit, ab und zu schaut er auf den irdischen Boden, wo zu seinen Ehren ständig Paraden abgehalten werden.

Auf einem himmlischen Meterband sind die Stationen ewigen Ruhms aufgelistet, 1810 berichtet die Wiener Presse mit keinem Wort vom Tod des Sandwirts, 1823 werden die Gebeine heimlich nach Innsbruck geholt, 1899 besucht Kaiser Franz Josef den Sandhof, ab 1909 gibt es im 25-Jahr-Rhythmus immer größere Paraden, ehe 2008 der wunderbare Comics erscheint.

Tatsächlich handelt es sich bei der illustrierten Geschichte von Andreas Hofer um einen wunderbaren Comics, bei dem sich sachlich brauchbare Textzitate, Ironie, gezeichneter Witz und elegante Anspielung ständig ablösen.

Schon die Figuren haben es in sich, sind sie ohnmächtig oder tot, tragen sie zwei Kreuzchen statt der Augen im Gesicht. Andreas Hofer in der Hofburg sitzend, muss noch vor dem Achtel-Frühstück die Wünsche der Bevölkerung erfüllen und hat dabei das Gesicht vom südtiroler Landeshauptmann Durnwalder, der ja auch für seine Früh-Ausspeisungen bekannt ist.

Auch sonst ist Hofer sehr menschlich und einer von uns, wenn er als Säugling Hunger hat, schreit er Mamma, es ist Zeit, die Bayern mag er etwas weniger, weil er als begnadeter Weinhändler und -trinker kein Bier ausstehen kann, wenn er geehrt wird, funkeln seine Augen ganz kaiserlich, und in der Hofburg steht er sich meist selbst im Weg.

In diese überirdisch fröhlichen Karikaturen sind kleine Absätze implementiert, die historisch fundiert Auskunft geben wie es Fachtexte vor Vitrinen tun. Da sieht man etwa eine Landkarte, auf der die verwandten Kaiser aufgelistet sind, gleichzeitig erfährt man, warum Tirol plötzlich Spielball in der Geschichte geworden ist. Neben Kommentaren zu den drei gefeierten Bergisl-Schlachten, wird auch der vierte Einsatz gnadenlos gewürdigt, und man bekommt als Leser schlagartig Mitleid mit Hofer, dem die Geschichte über die Ohren gewachsen ist.

Während Hofer als gezeichnete Figur breitbeinig auf seine Hinrichtung wartet, ist als Text die gesetzlich geschützte Hymne eingeblendet, Ach Himmel es ist verspielt.
Und schließlich versöhnen Hofers Himmelfahrt und sein väterliches Zunicken aus dem Jenseits Hofer-Gegner und Hofer-Fans auf ewige Zeiten.

Dem Karikaturisten Jochen Gasser und dem Historiker Norbert Parschalk ist mit diesem Buch ein grandioser Wurf gelungen. Mit Ehrfurcht und Verve stülpen die beiden das Innere des Hofermythos nach außen. Ungeniert formulieren sie jene Gedanken, die Menschen, welche noch im offiziellen Banne der Hofer-Achtung stehen, erst langsam in ihr Weltbild schleichen lassen. So könnte man mit einer Kultfigur umgehen: ironisch, liebevoll, mezzo-patriotisch.

Norbert Parschalk, Andreas Hofer. Eine illustrierte Geschichte. Ill. Jochen Gasser
Bozen: Edition Raetia 2008. 80 Seiten. EUR 17,-. ISBN 978-88-7283-334-6.

Norbert Parschalk ist Oberschullehrer und Historiker.
Jochen Gasser, geb. 1981, lebt in Vahrn als Graphiker.

 

Weiterführende Links:
Edition Raetia: Norbert Parschalk, Andreas Hofer

 

Helmuth Schönauer, 20-01-2009

Bibliographie

AutorIn

Norbert Parschalk

Buchtitel

Andreas Hofer. Eine illustrierte Geschichte

Erscheinungsort

Bozen

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Edition Raetia

Illustration

Jochen Gasser

Seitenzahl

80

Preis in EUR

17,00

ISBN

88-7283-334-6

Kurzbiographie AutorIn

Norbert Parschalk ist Oberschullehrer und Historiker.

Jochen Gasser, geb. 1981, lebt in Vahrn als Graphiker.