Axel Brüggemann, Wir holen uns die Politik zurück!

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Üblicherweise haben sich die Politiker damit abgefunden, dass sie unter sich bleiben müssen, weil das Wahlvolk nichts mehr von ihnen wissen will. Und das Wahlvolk hat es schon längst aufgegeben, sich um die Politik von denen da oben zu kümmern.

Axel Brüggemann schlägt nun etwas Ungewöhnliches vor. Was wäre eigentlich, wenn wir uns die Politik wieder zurück holen würden?

Der Autor beginnt seine Überlegungen mit dem politischen Verhalten seines Großvaters, zwischen Politik, Stammtisch, Beschreibung der Dinge von oben und von unten war ein gewisser Einklang. Mittlerweile ist gerade die deutsche Politik zu einem hohl-phrasigen Desaster verkommen, inzwischen nämlich wählt nicht mehr das Volk seine Politiker sondern die Politiker suchen sich von Wahl zu Wahl ein schrumpfendes Volk.

Die eine Todsünde ist dabei der Fraktionszwang, der letzten Endes alle Beteiligten zum permanenten Lügen zwingt, die zweite Todsünde sind Koalitionsaussagen vor der Wahl, wodurch beinahe jede Wahl zu einem ächzenden Ritual wird, das letztlich in komplette Lähmung führt.

Als Gegenbeispiel führt Axel Brüggemann Obamas emotionalisierende Politik an, wo Aussage und Inhalt zumindest in den ersten Monaten der Amtszeit perfekt zusammenpassen. Außerdem müssen US-Politiker für ihre Entscheidungen haften und können nicht im Fraktionszwang mit ihren Lügen untertauchen.

Allein die Biographien und Selbstbeschreibungen der deutschen Politiker sprechen Bände. Da die Honorierung von politischen Ämtern für eine gewisse Kaste attraktiv ist, für Spitzenleute aber einen Abstieg bedeutet, drängen immer öfter mittelmäßige Verwaltungspersonen in die Politik. Dabei gibt es eine perverse Laufbahn, die man zu durchschreiten hat. Vom Zettelverteilen über lokale Ansprachen bis hin zum Abstechen der Konkurrenten arbeiten sich die Politiker in die Höhe und nach Berlin vor, bis sie dort erschöpft und tatenlos zusammensinken.

So manche Personalentscheidung gleicht wirklich einem Abenteuer aus einem Karl-May-Film, wenn etwa die SPD ihren Vorsitzenden Beck abschießt und am Parkplatz eines Gasthauses die Nachfolge regelt. Drinnen im Gasthaus konnte diese Verschwörung nämlich nicht über die Bühne gehen, weil normale Touristen ihren Kaffee trinken wollten.

Holen wir uns doch die Politik zurück! schlägt der Autor vor. Als erste Maßnahme empfiehlt er, die Kultur des politischen Stammtisches zu pflegen und der Wut am Stammtisch auch den Aufruhr auf der Straße folgen zu lassen. Und in der Wahlzelle gilt es vorläufig "ungültig" zu wählen, bis denen da oben die letzten Stimmen ausgehen.

Was die hohle Rhetorik der Politik betrifft, reagiert das Volk ohnehin richtig: Niemand mit einem Funken Intelligenz hört den politischen Sprechpuppen momentan zu. Jeder Sender verliert automatisch sein Publikum, sobald er einen Politiker ans Mikrophon lässt. - Eine witzige, scharf vorgetragene Analyse über das Elend des Wahlvolkes und die Erhabenheit der Politikerkaste.

Axel Brüggemann, Wir holen uns die Politik zurück!
Frankfurt/M: Eichborn 2009. 192 Seiten. EUR 14,90. ISBN 978-3-8218-5708-4.

 

Weiterführende Links:
Eichborn-Verlag: Axel Brüggemann, Wir holen uns die Politik zurück
Wikipedia: Axel Brüggemann

 

Helmuth Schönauer, 30-04-2009

Bibliographie

AutorIn

Axel Brüggemann

Buchtitel

Wir holen uns die Politik zurück!

Erscheinungsort

Frankfurt

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Eichborn

Seitenzahl

192

Preis in EUR

EUR 14,90

ISBN

978-3-8218-5708-4

Kurzbiographie AutorIn

Axel Brüggemann, geb. 1971, lebt als freier Autor und Journalist (FAS, Stern, Rheinischer Merkur) in Berlin.