Günther Zäuner, Unterösterreich

Buch-CoverJede Gesellschaft besteht aus Untergesellschaften, die nach eigenen Spielregeln handeln und in sich abgeschottet sind. Man denke nur an die Kaste der Politiker, Adeligen oder Universitätsprofessoren, die vor allem eines im Auge haben:

Niemand, der nicht die Initiationsriten dieser Subgesellschaft absolviert hat, darf in diesen kompakten Kleinwelten auftreten.

Auch die sogenannte Unterwelt ist eine kompakte, in sich abgeschlossene Gesellschaft. Den Beruf des Unterweltlers muss man lernen, auch wenn die Prüfungen anders aufgebaut sind als Prüfungen in der allgemeinen Gesellschaft.

Günther Zäuner beschreibt in seinem Unterösterreich einige dieser Strukturen, die sich durch die sogenannte Unterwelt ziehen. Dabei kristallisiert sich so etwas wie eine typisch österreichische Sub-Gesellschaft heraus, die anders organisiert ist als die Unterwelt in Italien, Russland oder China. Der österreichische Schmäh verbunden mit einer nützlichen Lebensintelligenz produziert beim Unterweltler so etwas wie einen eleganten Überlebenskünstler.

Das österreichische, insbesondere Wiener Rotlichtmilieu ist eine über Jahrzehnte gewachsene, homogene und in sich abgeschottete Gesellschaft, an deren Spitze Profis stehen, die nach eigenen Gesetzen und Kodizes handeln. Ein Außenstehender, der meint, aufs Geratewohl mal ein Bordell unter Missachtung sämtlicher Spielregeln eröffnen zu können, muss unweigerlich Schiffbruch erleiden. (19)

Zu Unterösterreich gehört auch die andere Seite, nämlich die Polizei. Diese ist ähnlich organisiert wie die Unterwelt, auch bei ihr gibt es geheimnisvolle Rituale und Spielregeln. Im österreichischen Idealfall ergänzen sich Unterwelt und Polizei, beide Seiten wissen, was sie dem Gegner zumuten können, und das ganze Land fährt letztlich gut mit dieser Methode der gegenseitigen Hochachtung.

Probleme gibt es mit internationalen Banden, mit mafiösen Verteilerkämpfen und jähzornigen Verletzungen des Status quo.

Günther Zäuner erzählt auch die Geschichte des österreichischen Verbrechertums, dabei stellt sich heraus, dass diese Zunft wie andere Berufe im Laufe der Zeit ihr Wissen upgedatet hat und durchaus auf dem Level der Zeit ist.

Einzelne Typen werden biographisch dargestellt wie Künstler oder Politiker, und obwohl vielleicht die öffentliche Sympathie manchmal zurückgenommen ist, so neigt der gestandene Österreicher durchaus dazu, Leistung und Ansehen auch in diesem Milieu zu würdigen.

Das Faszinierende an Günther Zäuners Unterösterreich ist die gleichmäßige Sympathieverteilung zwischen Unterwelt und offizieller Welt. Alles ist relativ, niemand weiß bei seiner Geburt, was er eines Tages werden wird. Daher ist es oft purer Zufall, ob jemand im Untergrund oder bei der Polizei landet. Ein aufregendes, informatives und auch augenzwinkernd ironisches Buch!

Günther Zäuner, Unterösterreich. Alles über Österreichs Unterwelt.
Salzburg: Ecowin Verlag 2009. 236 Seiten. EUR 19,95. ISBN 978-3-902404-70-1.

 

Weiterführender Link:
Krimiautoren: Günther Zäuner

 

Helmuth Schönauer, 03-07-2009

Bibliographie

AutorIn

Günther Zäuner

Buchtitel

Unterösterreich. Alles über Österreichs Unterwelt

Erscheinungsort

Salzburg

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Ecowin Verlag

Seitenzahl

236

Preis in EUR

19,95

ISBN

978-3-902404-70-1

Kurzbiographie AutorIn

Günther Zäuner, geb. 1957, ist u.a. Verfasser zweier Drogenreporte über Österreich.