O.P. Zier, Tote Saison

Buch-CoverEs gibt einen Fluch im touristisch erschlossenen Alpengebiet: "Tote Saison!" Die Touristikwirtschaft hasst diese Zeit, die Politik fürchtet sie und die Bewohner erschrecken vor ihr, denn die tote Saison hält allen den Spiegel vor: Diese Alpengegenden sind toter als jede Hose!

O.P. Zier legt seinen Roman über diese furchtbare Geisteseinöde in den Alpen als Kriminalroman an. Gleich zu Beginn wird eine gewisse Barbara Lochner offensichtlich ermordet und als erster Tatverdächtiger kommt der Erzähler in Frage.

Der Ich-Erzähler ist Schriftsteller und hat zur Tatzeit kein einwandfreies Alibi, dafür aber einen Termin mit dem Opfer im Terminkalender stehen.

Sofort geht es um Realität und Fiktion, was ist an der Beschuldigung wahr, was erfunden, kann man als Literat gegen die Wirklichkeit ankämpfen? Der Ich-Erzähler Burger tröstet sich mit der Formel: Das Verbrechen sucht sich einen Täter, und in diesem Fall hat es eben ihn erwischt.

Die Untersuchungshaft ist der ideale Ausgangspunkt, um sich alles noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Burger hat nämlich in den letzten Wochen über das Land und seine Verfilzungen recherchiert und ist zum Schluss gekommen:

Es musste schrecklich sein, hier zu leben. (97)

Die Recherchen fördern abenteuerliche Verfilzungen zu Tage. So gibt es beispielsweise einen Geheimbund, der einerseits die herrschende Partei unterstützt, andererseits durch das Projekt Pongau bis in alle Ewigkeit die Macht sichert, indem nämlich Eltern von Kindern parteipolitisch erpresst werden.

Überhaupt scheinen ein paar Allmächtige am Werk zu sein, denn neben der Vorherrschaft der Einheitspartei soll auch noch das ganze Land umgekrempelt werden, indem man jegliche tote Saison eliminiert. Die Zauberformel hierfür lautet, jeder muss zu jeder Zeit alles gleichzeitig erleben können. Aus diesem Grund gibt es unterirdische Tourismus-Areale, in denen man auf Knopfdruck alle Jahreszeiten gleichzeitig erleben kann.

Unter der Folie dieser parteipolitischen und wirtschaftsdogmatischen Aktionen läuft auch die sogenannte Kultur auf Filzpantoffeln durch die Eingeweide einer überdimensionalen toten Saison. Preise und Zuschüsse werden untereinander vergeben, Ehrungen fasst jeweils der dafür zuständige Hofrat gleich selber aus und als gehasste Figur zieht sich Barbara Locher durch die Geschichte, sie ist die Tochter des Altlandeshauptmanns, aber ihr Name lässt sich auch als Abkürzung für ein generelles Arschloch lesen. Kein Wunder, dass sie gleich zu Beginn des Romans ermordet worden ist. Als Leser hat man durchaus Sympathien für den Täter, wer immer es auch sein mag. (Bei einem Krimi darf die Lösung natürlich nicht verraten werden.)

O.P. Zier erzählt geduldig von einer Gegend, in der sich haarsträubende Dinge zutragen. Er lässt die Figuren wüten und schickt den Erzähler gleich prophylaktisch in Untersuchungshaft. Und das pervers Genaue an diesem Roman ist, dass sich in der sogenannten Realität alles so zuträgt. In der Realität freilich fehlt es an der feinen Sprache O.P. Ziers und am Wohlwollen, die Sache wenigstens zu einem halbwegs erträglichen Ende zu bringen. Zum Unterschied vom Roman nämlich ist die Realität der "toten Saison" unerträglich.

O.P. Zier, Tote Saison. Roman.
St. Pölten: Residenz 2007. 411 Seiten. EUR 21,90. ISBN 978-3-7017-1485-8.

 

Weiterführende Links:
Residenz-Verlag: O.P. Zier, Tote Saison
Wikipedia: O.P. Zier

 

Helmuth Schönauer, 26-07-2009

Bibliographie

AutorIn

O.P. Zier

Buchtitel

Tote Saison

Erscheinungsort

St. Pölten

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Residenz

Seitenzahl

411

Preis in EUR

21,90

ISBN

978-3-7017-1485-8

Kurzbiographie AutorIn

O.P. Zier, geb. 1954, aufgewachsen in Lend, lebt in St.Johann / Pongau.