Zdenka Becker, Taubenflug

Buch-Cover

Tauben gelten als besonders treue Liebhaber, die Paare bleiben meist ein Leben lang zusammen, der raffinierte Mensch nützt dies, indem er etwa die Brieftauben vom Partner trennt, so dass der getrennte Teil wie wild durch die Gegend fliegt und dabei die Post zustellt.

Zdenka Becker erzählt in ihrem Roman Taubenflug von einer solchen treuen Liebschaft. Die Erzählerin Silvia und ihr geliebter Daniel verlieren sich zwar fast ein Leben lang aus den Augen, dennoch fliegen sie am Lebensabend aufeinander zu.

In einem slowakischen Dorf geht es auch im Kommunismus manchmal recht verbohrt und kleinkapitalistisch zu, zwei alleinerziehende Mütter versuchen einen Garten der Vorfahren irgendwie neu zu erschließen, indem sie ihre Kinder verkuppeln. Das gelingt nicht, weil die Liebe oft eigene Wege geht und zudem ein pädophiler Dorfpfarrer alles verunmöglicht, was halbwegs nach unschuldiger Erotik schmeckt.

Alle züchten Tauben und lernen dabei Liebe, Treue und Selektion, die untauglichen Zuchtergebnisse werden brutal abgemurkst.

Auch zeitgeschichtlich geht es drunter und drüber, im Kommunismus mit seinen permanenten Säuberungen kann es schon einmal vorkommen, dass der Henker und der Hinzurichtende aus dem selben Dorf stammen. Und 1968 bringt dann die Bruderhilfe des Warschauer Paktes die Freiheit in der Tschechoslowakei vollends zum Erliegen. Wer kann, flüchtet, so verschwindet der Geliebte während einer Taubenzüchtermesse, die Erzählerin sucht ihn in Österreich und Amerika, aber es gibt nur ferne Spuren und Erzählungen.

Als die Mutter der Erzählerin stirbt, tauchen ein paar zurückgehaltene Briefe auf. Selbstverständlich hat der Geliebte wie verrückt geschrieben, aber die Mutter hat alles unter den Tisch gekehrt und verleugnet. So wird der Abschied von der Mutter ziemlich herb, denn die Enttäuschung ist groß. Zudem überschlagen sich am Tag der Urnenbestattung die Ereignisse, denn auch die Freundin dreht wegen der ungemäßen Erbschaft durch und kündigt jegliche Freundschaft.

Die Erzählerin ist frei, alles aus der Vergangenheit ist aufgelöst, auch die politischen Verhältnisse haben sich verändert, aus dem ehemaligen Dorf ist längst eine Vorstadt voller Plattenbauten geworden. Da kommt es doch noch zu einem glücklichen Ende nach treuer Art der Tauben.

Zdenka Becker erzählt eine komplizierte Liebesgeschichte, worin die edlen Begriffe durch Politik und Intrige auf eine harte Probe gestellt werden. Aber so könnte es sich zugetragen haben, tausendfach zwischen Ost und West. Die Figuren sind erfunden, schreibt die Autorin im Nachsatz, aber dennoch ist alles optimistisch und wahr.

Zdenka Becker, Taubenflug. Roman.
Wien: Picus 2009. 206 Seiten. EUR 19,90. ISBN 978-3-85452-645-2.

 

Weiterführende Links:
Picus-Verlag: Zdenka Becker, Taubenflug
Wikipedia: Zdenka Becker

 

Helmuth Schönauer, 28-12-2009

Bibliographie

AutorIn

Zdenka Becker

Buchtitel

Taubenflug

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Picus

Seitenzahl

206

Preis in EUR

EUR 19,90

ISBN

978-3-85452-645-2

Kurzbiographie AutorIn

Zdenka Becker, geb. 1951 in Eger, lebt in St. Pölten.

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