Thomas Havranek, Verraten & verkauft

Buch-CoverMeistens denken wir an groß gemachte Helden und aufgepumpte Persönlichkeiten, wenn von verraten und verkauft die Rede ist.

Andreas Hofer beispielsweise braucht zu seinem Mythos unbedingt einen Verräter, der ihn an den Feind verkauft, damit er heroisch hingerichtet werden kann.

In der modernen Gesellschaft werden alle verkauft, verraten und verarscht, ob sie nun Helden sind oder nicht. Das fängt meist schon ganz unauffällig mit dem Handy an, das zynisch formuliert ja nur deshalb erfunden worden ist, damit man deren Träger zentral überwachen kann. Aber auch manche Firmen legen es darauf an, die Mitarbeiter restlos zu überwachen, indem sie diesen präparierte Dienst-Handys zur Verfügung stellen. Somit lassen sich Gespräche abhören und Bilder aus der Privatsphäre übertragen.

Aber nicht nur das Individuum wird manchmal ausspioniert, damit es keine Dienstgeheimnisse verrät, oft werden flächendeckend ganze Belegschaften spionagetechnisch gescannt, wie die Beispiele bei Lidl und der Deutschen Bahn zeigen. Hier liegt der Schaden bei den simplen Arbeitnehmern, aus deren ausgekundschafteten Profilen sich leicht Kündigungen formulieren lassen, wenn man etwa als Personalabteilung weiß, welche Krankheiten vielleicht für einen Mitarbeiter längerfristig im Anzug sind.

Aber auch die Firmen selbst werden gnadenlos ausspioniert. Berühmt sind Fälle von Delegationen aus fernen Ländern, die mit James-Bond-Ausrüstung Pläne kopieren und Prototypen virtuell klonen. Ein permanentes Spionage-Areal stellt das Internet dar, hier wird gehackt und gecrackt, dass sich die Bildschirm-Balken biegen.

Thomas Havranek gibt nun Ratschläge an beide Seiten. Einerseits stellt er Sicherheitsmechanismen vor, wie Firmen und Forschungsabteilungen ihre Betriebsgeheimnisse schützen können, andererseits empfiehlt er auch Mitarbeitern, entsprechend vorsichtig und argwöhnisch aufzutreten.

Ein politisch-philosophisches Kapitel widmet sich den Guerillas im Alltag. Hier geht es darum, warum Menschen andere ausspionieren, verraten und das Wissen darüber verkaufen. Eine kluge Führung setzt potentielle Auskundschafter für die eigenen Zwecke ein, indem sie dem Spion Anerkennung und indirekte Belohnung verschafft. Der kluge Betriebsspion hingegen wird sich Alltagsguerillas zum Vorbild nehmen, sich vorsichtig solidarisieren und aus dem Gewirr von Bespitzelung und Spionage einen Weg des eigenen Überlebens einschlagen.

Wenn man daran denkt, dass ein Geschäft ja nur dadurch floriert, indem jemand einen anderen über den Tisch zieht, dann ist es kein Wunder, dass sich die Welt der Wirtschaft ständig zwischen Verraten und verkauft abspielt. Thomas Havraneks Buch ist eine recht anregende Einladung an sich selbst, aufzupassen und hellhörig zu sein, und sich im Falle des Falles mit sich selbst zu solidarisieren.

Thomas Havranek, Verraten & verkauft. Bespitzelung, Wirtschaftskriminalität, Industrie-Spionage.
Wien: Molden 2010. 199 Seiten. EUR 19,95. ISBN 978-3-85485-246-9.

 

Weiterführende Links:
Molden-Verlag: Thomas Havranek, Verraten und verkauft

 

Helmuth Schönauer, 19-03-2010

Bibliographie

AutorIn

Thomas Havranek

Buchtitel

Verraten & verkauft. Bespitzelung, Wirtschaftskriminalität, Industrie-Spionage

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Molden

Seitenzahl

199

Preis in EUR

19,95

ISBN

978-3-85485-246-9

Kurzbiographie AutorIn

Thomas Havranek ist Gerichtssachverständiger und Unternehmensberater.