Otto Licha, Salzkruste

Buch-CoverDer Sinn des Lebens besteht in einem Garvorgang unter einer Salzkruste. Nach dieser mediterranen Methode des Fisch-Garens bereiten die wahren Helden ihr Leben zu.

Otto Licha führt in seinem Roman ein kleines Personen-Set vor, das behutsam und mit sich selbst beschäftigt durch die Siebziger, Achtziger, Neuziger und Nuller surft. Genau so prägnant, wie das Lebensgefühl eines Dezenniums für die Zeitgeschichte zusammengefasst werden kann, lassen sich auch Biographien zusammen fassen.

Die aufregendste Figur dabei ist sicher der General, der zwar eigentlich Brigadier ist. Doch weil er ständig generell philosophiert, darf er durchaus als General angesprochen werden. Er hat das Pech, dass sein Bundesheer sinnlos ist und dass man ihm statt der Pensionierung noch fünf Jahre aufgebrummt hat. Je überirdischer er philosophiert, umso irdischer verläuft sein Leben. Die Frau hat ihn schon früh wegen eines Busfahrers verlassen, aber seine Tochter Nina ist sein ganzer Lebenssinn, zumal sie ein mathematisches Genie ist.

Tatsächlich fällt die Begabung Ninas sogar dem IKEA-Management auf, es wird nämlich jemand gesucht, der alle Schrauben mit einem Blick zusammenzählen kann. Als es dann zu einer Anstellung kommt, wird aus Nina freilich wie in der Warenwelt üblich eine höhere Verkäuferin.

Ninas Geliebter ist Klaus, der eigentlich seine Tante Rosmarie liebt und als Ausgleich dieser Liebschaft einen Hund namens Wolfi hat. Dieser Wolfi ist wirklich ein treuer Begleiter im Wald und überall und wäre eigentlich etwas für den General.

Verlass im Wald den Weg nicht, wird allen Hänseln und Greteln von den Eltern eingetrichtert, allen Hunden eingeschärft, allen Erwachsenen als Richtschnur auferlegt. Mit den Mitteln der Angst werden alle auf die engen, vorgefertigten Wege zusammengedrängt. Und vieles bleibt so unentdeckt. (34)

Aber dann beschließt Wolfi eines Tages einen Weg zu gehen, den Klaus noch nie gesehen hat. Er verschwindet und wird später einmal durch Wolfi zwei ersetzt, der es aber nicht bringt und ins Tierheim muss.

Diese Figuren durchstreifen wie mathematische Aufgaben imaginäre Punkte und vollführen ungefragte Kurven eines unsichtbaren Graphen. Einmal kochen sie einen Fisch unter der Salzkruste, einmal reden sie wie wild durcheinander und führen ein kollektives Nebenher-Gespräch. Diese Kleinigkeiten mitten im Sinnieren und Philosophieren geben oft einem ganzen Dezennium einen Sinn.

Salzkruste ist ein wundersamer Roman voller Philosophie im wahrsten Sinne des Wortes. Hier lieben die Menschen die Suche nach der Wahrheit und stellen die richtigen Fragen:

Warum muss einer immer was werden? Warum darf er nicht werden, was er ist? (112)

- Ein weiser, leiser Lebensspaziergang durch die jüngsten Jahrzehnte in einer Welt-entlegenen Stadt wie Innsbruck!

Otto Licha, Salzkruste. Roman.
Hohenems: Limbus 2010, 156 Seiten. EUR 17,90. ISBN 978-3-902534-40-8.

 

Weiterführende Links:
Limbus-Verlag: Otto Licha, Salzkruste
Wikipedia: Otto Licha

 

Helmuth Schönauer, 21-10-2010

Bibliographie

AutorIn

Otto Licha

Buchtitel

Salzkruste

Erscheinungsort

Hohenems

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Limbus

Seitenzahl

156

Preis in EUR

17,90

ISBN

978-3-902534-40-8

Kurzbiographie AutorIn

Otto Licha, geb. 1952 in Wien, lebt in Innsbruck.

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