Lesen und Leseförderung in Tirol im Zeichen der PISA-Studie 2009, Teil 3
Wie immer man zur PISA-Studie auch stehen mag, eines scheint gewiss: sie rückt die Grundkompetenzen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften aber auch das Schulsystem als Ganzes regelmäßig in das Blickfeld der öffentlichen Wahrnehmung.
Genauso regelmäßig, wie die Studie alle drei Jahre vor Weihnachten der Öffentlichkeit präsentiert wird, werden auch ihre Ergebnisse von der Politik und den Medien unterschiedlich interpretiert. Lesen in Tirol hat bei den maßgeblichen Tiroler Bildungseinrichtungen über ihre Einschätzung der Lesekompetenz der Tiroler Schülerinnen und Schüler nachgefragt.
Im dritten Teil der Interviewreihe habe wir Vizerektorin a.o. Univ. Prof. Mag. Dr. Margret Friedrich um ihre Einschätzung der Lesekompetenz der österreichischen Schülerinnen und Schüler und der Diksussion darüber aus der Sicht der Universität gebeten.
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Lesen in Tirol: Die letzten PISA-Ergebnisse bescheinigen den getesteten österreichischen Jugendlichen für das Lesen ein nicht gerade erfreuliches Ergebnis. Wie sieht es eigentlich mit der Lesekompetenz unserer StudentInnen aus?
Margret Friedrich: Ich kann hier keinen Vergleich mit der PISA-Studie ziehen, weil es für die Lesekompetenz von StudentenInnen keine fundierte Untersuchung gibt. Es wäre jetzt sehr vermessen Aussagen zu machen, für die es keine seriösen Daten gibt.
Wir müssen uns aber grundsätzlich überlegen, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft bewegen soll. Wir verlangen derzeit eine Lesekompetenz, wie sie für lange zusammenhängende Texte wie in Büchern benötigt wird. Die Jugendlichen sind aber auch mit einer völlig anderen Kultur befasst. Auch wenn sie vielleicht noch nicht ganz als Digital Natives bezeichnet werden können, befinden sie sich doch schon auf den Weg dorthin, wenn wir an den Stellenwert der visuellen Informationskultur denken. Das heißt, dass wir heute eine ganz hohe Bildkompetenz, eine visual literacy benötigen würden.
Gerade durch den Computer werden Informationen zunehmend verknappt. Es heißt, dass sich mit einem Blick gerade 1.200 Zeichen auf einer Bildschirmseite erfassen lassen. Als Folge davon, müssen Sätze kurz sein und möglichst im Hauptsatzstil mit wenigen Adjektiven gehalten werden. Cicero-Formationen, in denen der Satz über eine halbe Seite geht und in denen Abhängigkeiten 3. oder 4. Grades vorhanden sind, finden hier keinen Platz.
Sprachlich entwickelt sich also etwas ganz Neues. Wir müssen uns daher grundsätzlich überlegen, ob wir betonen wollen, dass sich die Lesekompetenz verschlechtert, oder ob wir vielleicht auch sehen wollen, dass die neuen Medien ganz andere Kompetenzen erfordern, die auch aufgebaut werden müssen. Einerseits geht zwar etwas verloren, andererseits werden aber neue Kompetenzen gefordert.
Wir müssen uns überlegen, ob wir betonen wollen, dass sich die Lesekompetenz verschlechtert, oder aber sehen, dass die neuen Medien ganz andere Kompetenzen erfordern, die auch aufgebaut werden müssen. Foto: Universität Innsbruck
Wenn immer gesagt wird, dass es sich bei den Veränderungen durch die neuen Medien um eine Art Gutenberg-Revolution handelt, halte ich den Wandel für dramatischer, vergleichbar mit dem Übergang von der Erzählkultur zur Schriftkultur. Solange Literatur in Form von Epen und Märchen erzählt wurde, waren andere Kompetenzen gefragt: es war wichtig ein sehr gutes Gedächtnis haben und gut zuhören können.
Als die Geschichten schließlich mit Hilfe der Schrift festgehalten worden sind, wurden plötzlich andere Kompetenzen benötigt. Damals wurde sicherlich auch bejammert, dass die Leute nicht mehr aus dem Stehgreif erzählen und nicht mehr zuhören können. Ich glaube, dass die Veränderungen im Bereich der Lesekultur der Gegenwart auf dieser Ebene der Qualität liegen.
Ich habe in der Neuen Zürcher Zeitung einen Beitrag gelesen, in dem es um das visuelle Gedächtnis ging. Demnach hat der bekannte Philosoph Walter Benjamin bereits im Jahr 1931 vorausgesagt, dass nicht der Schrift-, sondern der Fotografieunkundige der Analphabet der Zukunft sein werde. Damals standen vor allem die Neuerungen durch die Fotografie im Mittelpunkt, heute würden wir der Bildunkundige sagen. Es geht also auch hier um diese visual literacy, die zunehmend wichtiger wird, was dazu führt, dass sich allmählich eine Bildwissenschaft auszubilden beginnt.
In der Sprachwissenschaft gibt es schon lange die Auseinandersetzung damit, wie Sprache arbeitet und wie mit Sprache die Welt erfasst wird. Was Bilder für die Erfassung der Welt bewirken, oder worin die Macht der Zeichen liegt, ist bis dato zu wenig erforscht worden.
Lesen in Tirol: Die Informationskultur hat sich also völlig verändert und benötigt neue Sprachvoraussetzungen und Lesekompetenzen?
Margret Friedrich: Ganz richtig. Wir erleben eine neue Art mit Bildern umzugehen und Texte zu schreiben. Wenn wir uns z.B. SMS-Texte betrachten, sind alle, die noch richtig lesen und schreiben gelernt haben, geradezu schockiert. Diese Art zu schreiben ist jedoch Realität und lässt sich nicht weg leugnen. Es ändert sich also gerade im Bereich des Lesens und Schreibens sehr viel und wir müssen uns sehr genau anschauen, in welche Richtung die Kinder ausgebildet werden müssen, um mit diesen wirkmächtigen Dingen aber auch mit dieser Fülle an Informationen richtig umgehen zu lernen.
Trotzdem werden wir natürlich weiterhin imstande sein müssen, uns mit größeren, zusammenhängenden Texten zu befassen. Das heißt wir müssen die Texte lesen können, wissen was drinnen steht und was die wichtigsten Aussagen eines Textes sind. Das sind Kompetenzen, die wir immer brauchen und die auch nicht verloren gehen sollen, weil wir uns immer über Sprache verständigen werden.
Gerade im Bereich des Lesens und Schreibens ändert sehr viel und wir müssen uns sehr genau anschauen, in welche Richtung die Kinder ausgebildet werden müssen, um mit diesen Veränderungen und mit dieser Fülle an Informationen richtig umgehen zu lernen. Foto: Universität Innsbruck
Andererseits ändert sich die Art zu schreiben im Laufe der Geschichte. Lesen sie einmal einen Barocktext. Da gibt es Sätze, die über eine ganze Seite gehen, wo am Ende keiner mehr weiß, wie der Satz begonnen hat. Hier wurden Sätze auf eine Weise formuliert, wie sie uns heute einfach nicht mehr vertraut ist.
Trotz aller Veränderungen ist Sprache äußerst wichtig und müssen wir das Lesen, Erfassen und Verstehen von Texten viel stärker forcieren.
Lesen in Tirol: Gibt es zu der von Ihnen angesprochenen neuen Lesekultur und Kommunikationskultur an der Universität Innsbruck Forschungseinrichtungen oder Forschungsprojekte?
Margret Friedrich: Die Bildwissenschaften werden bei uns in verschiedenen Wissenschaften, wie z.B. der Geschichtswissenschaft, mit berücksichtigt. Der Visual Turn, Iconic Turn ist gerade in den Geisteswissenschaften ein großes Thema. All diese sich ändernden Betrachtungsweisen wie z.B. auch der Linguistic Turn, der Cultural Turn oder der Spatial Turn werden in die unterschiedlichen Forschungsperspektiven mit eingebunden. Der Umgang mit Informationen wird in den verschiedenen Studienrichtungen in den einführenden Lehr-Veranstaltungen vermittelt, weil die Studierenden von Beginn an mit den neuen Medien arbeiten müssen. Als eigene Forschungsthemen hingegen sind sie bei uns weniger zu finden.
Auch die Lesekompetenz wird an der Universität Innsbruck in sehr vielen Bereichen behandelt, obwohl es derzeit kein Forschungsinstitut oder großes Forschungsprojekt dazu gibt. Im Rahmen der Bachelorstudien gibt es auf der philologisch kulturwissenschaftlichen Fakultät Veranstaltungen, die sich dem Lesen und Schreiben in einer Fremdsprache widmen.
Der Fertigkeit Lesen kommt aber auch beim Testen und Bewerten in den Sprachen eine ganz wichtige Rolle zu. Hier werden die neuen Methoden des Sprachunterrichts und der Sprachbewertung umgesetzt, in der für die Beherrschung einer Fremdsprache Lesen und Textverständnis wesentlich sind. Das Ganze ist natürlich in das Lehramtsstudium eingebunden.
Auf der Germanistik gibt es zwar keine eigene Professur für Lese- und Literaturdidaktik, dafür aber sehr viel Förderung in diesem Bereich im Rahmen der Fachdidaktik im Unterrichtsfach Deutsch. Hier gibt es eine Pflichtveranstaltung zur Lese- und Literaturdidaktik, wo eine Auseinandersetzung mit den alters- und typenspezifischen Aufgaben der Leseerziehung im Deutschunterricht stattfindet.
In einem kleinen Land wie Österreich muss es möglich sein, sich die Bildungsprozesse anzuschauen und festzulegen, was uns wichtig ist und wie wir unsere Kinder, unsere nächste Generation erziehen wollen. Foto: Universität Innsbruck
Gerade die Germanistik misst der Schreibkompetenz eine große Bedeutung bei, wobei auch die Lesekompetenz eine wesentliche Rolle spielt. Am Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung (ILS) wird ein regelmäßig erscheinendes Themenheft publiziert, das sich 2007 mit Lesen beschäftigte. Die Lehrveranstaltung Deutschunterricht im Überblick behandelt die Frage nach der Lesekompetenz in wissenschaftlichen Untersuchungen und setzt sich mit den PISA-Ergebnissen, Bildungsstandards zur Lesekompetenz, Maßnahmen zur Steigerung der Lesekompetenz und der literarischen Kompetenz auseinander.
Es kommt bei uns sehr häufig vor, dass bestimmten Themen nicht unmittelbar in einem speziellen Forschungsschwerpunkt behandelt werden können. Dass sie trotzdem im Bereich der Lehre aufgenommen werden, ist ein Vorteil der forschungsgeleiteten Lehre an der Universität, wo die neuesten Forschungsergebnisse in den Unterricht einfließen. Durch die Verbindung der eigenen wissenschaftlichen Arbeit mit den neuesten Erkenntnissen aus anderen Bereichen der Wissenschaft bewegt sich die Lehre also immer auf dem neuesten Stand.
Lesen in Tirol: Gibt es derzeit Forschungsprojekte zum Thema Lesen und Lesekompetenz?
Margret Friedrich: Forschungsprojekte nicht, aber doch immer wieder Diplomarbeiten zu diesem Thema.
Lesen in Tirol: In Deutschland haben die Ergebnisse der PISA-Studien in den vergangenen Jahren im Bereich der Leseförderung einiges in Bewegung gebracht. In Österreich gab es nach den letzten Ergebnissen der PISA-Studie, vor allem für den Bereich der Lesekompetenz, lediglich einen kurzen Aufschrei. Glauben Sie, dass die erheblichen Probleme im Bereich der Lesekompetenz genügend wahrgenommen werden?
Margret Friedrich: Wenn es ständig heißt, dass im Bereich der Wissenschaft gekürzt wird, ist es nicht möglich, diesen Bereich aufzubauen. Hier muss von politischer Seite ganz klar gesagt werden, dass uns die Leseförderung ein ganz wichtiges gesellschaftliches Anliegen ist. In einem kleinen Land wie Österreich muss es möglich sein, sich die Bildungsprozesse anzuschauen und festzulegen, was uns wichtig ist und wie wir unsere Kinder, unsere nächste Generation erziehen wollen.
Die Leute müssen so lange lesen lernen, bis sie es halbwegs beherrschen und das gleiche gilt für bestimmte Rechenoperationen in der Mathematik. Foto: Universität Innsbruck
Dann könnten wir z.B. formulieren, dass uns Lesekompetenz und Textverständnis sehr wichtig sind. Was sinnvoll wäre, wenn wir uns betrachten, dass niederqualifizierte Arbeiten großteils in andere Länder ausgelagert worden sind oder von Maschinen erledigt werden. Es sind also qualifizierte ArbeiterInnen gefragt, die auch komplexe Texte verstehen und umsetzen können. Allein aus wirtschaftlichen Gründen, müsste die Politik daran interessiert sein, die Förderung der Lesekompetenz und Bildung in unserer Gesellschaft voran zu treiben.
Lesen in Tirol: Oft wird gejammert, dass Jugendliche, aber auch Erwachsene nicht mehr richtig lesen, schreiben und rechnen können, teilen Sie diese Ansicht?
Margret Friedrich: Mein Mann war Berufsschullehrer und hat geklagt, dass die Lehrlinge die Grundrechnungsarten nicht mehr beherrschen. Auch von den Technischen Universitäten hört man, dass Studierende bei den Grundlagen der Mathematik Probleme haben. Es scheinen also zunehmend diese fundamentalen Grundkenntnisse weniger zu werden.
Die Leute müssen so lange lesen lernen, bis sie es halbwegs beherrschen und das gleiche gilt für bestimmte Rechenoperationen in der Mathematik. Grundsätzlich bleiben wesentliche und wichtige Fragen zu beantworten: Sind diese Grundkenntnisse aufgrund der zahlreichen zusätzlichen Bildungsinhalte verloren gegangen? Soll es in unserem Bildungssystem einen Neustart geben, wo speziell diese Grundkompetenzen wieder ausbildet werden. Braucht es eine solche Basis für die Bildung und wie sollte diese aussehen?
Eine solche elementare Basis müsste an der Elementarschule gelegt werden, wobei es zu klären gilt, ob sich diese Grundkompetenzen in diesem Zeitrahmen vermitteln lassen, oder ob sie darüber hinaus gefestigt werden müssen.
Lesen in Tirol: Glauben Sie, dass sich die Politik über ein neutrales Thema wie die Förderung der Lese- oder Schreibkompetenz einigen können sollte, ganz unabhängig davon, welche Schulformen von den verschiedenen politischen Richtungen bevorzugt werden?
Margret Friedrich: Das muss möglich sein. Eine Gesellschaft muss sich über die zentralen Grundinhalte der Bildung der nächsten Generation verständigen.
Lesen in Tirol: Finden Sie, dass dies derzeit ausreichend geschieht?
Margret Friedrich: Ganz klar, nein. Eine solche Einigung sehe ich derzeit nur im tertiären Sektor. Wir leiden sehr darunter, dass Veränderungen im Bereich der Bildung immer nur aus Stückwerken bestehen und ein klares Konzept einfach fehlt. Gerade wenn wir von lebensbegleitendem Lernen zwischen 0 und 100 Jahren sprechen, brauchen wir ein klares Konzept: Wer ist wofür zuständig? Was wird wo gemacht? All das gibt es nicht. Es ist nicht einmal klar, wer im tertiären Sektor wofür zuständig ist. Wofür sind die Fachhochschulen zuständig und wofür die Universitäten? Wozu brauchen wir Privatuniversitäten? Was sollen die Pädagogischen Hochschulen machen? All diese Fragen sind in keinster Weise abgeklärt.
In einem modernen Bildungskonzept muss klar definiert sein welche Bildungseinrichtung wofür zuständig ist, was die Aufgaben der Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen und der Universitäten sind. Foto: Markt-Huter
Gerade wenn ich mir den Bereich der dualen Ausbildung betrachte, der in den deutschsprachigen Ländern Österreich, Deutschland und der Schweiz sehr gut funktioniert und den es in dieser Form in den USA nicht gibt, sehe ich ein Versagen der Politik. Wir übernehmen Dinge von dort und geben unsere bewährte Ausbildungsform auf, anstatt die duale Ausbildung zu forcieren, um hochqualifizierte Arbeitskräfte heranzubilden. Stattdessen wird gefordert, dass der Bachelor berufsbefähigend sein muss. Wir brauchen nicht nur Personen mit Bachelorabschluss. Wir benötigen Personen auf dem vorhergehenden Level, die mit einem guten Lehrabschluss und einer guten Berufsschulausbildung hochqualifizierte Arbeitskräfte werden. Leider waren wir uns hier unseres eigenen Wertes nicht bewusst und haben uns mit der Vorgabe der AkademikerInnenquote von 40% regelrecht überfahren lassen.
Lesen in Tirol: Für welche Institute und Bereiche der Forschung und LehrerInnenausbildung könnte eine verstärkte Auseinandersetzung mit den Themen Leseförderung, Kinderliteratur, Lesepädagogik u.ä. wichtig sein?
Margret Friedrich: Primär sind natürlich die Geisteswissenschaften betroffen, es gibt aber auch im Bereich der Naturwissenschaften Probleme. Wir erleben, dass naturwissenschaftliche Publikationen teilweise nicht mehr erfasst werden, wenn sie sich nicht auf wenige Seiten beschränken, sondern einen Umfang von 16 Seiten und mehr haben. Letzten Endes ist Lesekompetenz für alle Bereiche wichtig.
Im Bereich der Forschung berührt diese Frage zunächst die Geisteswissenschaften, aber auch die Sozialwissenschaften und Naturwissenschaften, wenn wir den Blick auf Fächer wie Kognitionspsychologie, Neurophysiologie oder Sinnesphysiologie richten.
Die ganz großen Fragen werden heute nicht mehr von einer Disziplin beantwortet - wenn es denn je so war -, sondern brauchen die Zusammenarbeit sehr vieler Disziplinen. Für Forschungen zur Lesekompetenz könnten beispielsweise die Pädagogik, die Germanistik, die Psychologie, die Physiologie, die Politikwissenschaft u.v.a. zusammenarbeiten. Aber gerade der Prozess der Zusammenarbeit von verschiedenen Disziplinen erweist sich als ungemein schwierig, weil sich im Laufe der wissenschaftlichen Spezialisierung unterschiedliche wissenschaftliche Sprachen entwickelt haben. Gegenwärtig gewinnt die wissenschaftliche Verständigung zwischen den einzelnen Disziplinen zunehmend an Bedeutung. Grundbedingung für ein Gelingen bleibt aber, dass alle Beteiligten auch dafür aufgeschlossen sind.
Lesen in Tirol: In Deutschland hat der PISA-Schock im Jahr 2001 zahlreiche Leseprojekte an Schulen ins Leben gerufen, an denen sich auch Universitäten mit ihrem wissenschaftlichen Know-How beteiligt haben. Wären ähnliche Schulterschlüsse zwischen verschiedenen Bildungseinrichtungen auch für Österreich oder Tirol denkbar oder sinnvoll?
Margret Friedrich: Wir arbeiten relativ wenig mit der Pädagogischen Hochschule zusammen. Vor allem weil wir im Bereich der Psychologie keinen Schwerpunkt zum Thema Bildungspsychologie haben, wie es in Wien der Fall ist. Eine Zusammenarbeit mit der PH besteht im Bereich der Fremdsprachen und auch das Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung arbeitet mit der PH zusammen.
Die ganz großen Fragen werden heute nicht mehr von einer Disziplin beantwortet, sondern brauchen die Zusammenarbeit sehr vieler Disziplinen, die sich aber als ungemein schwierig erweist, weil sich im Laufe der wissenschaftlichen Spezialisierung unterschiedliche wissenschaftliche Sprachen entwickelt haben. Foto: Universität Innsbruck
Lesen in Tirol: Wäre es für die Universität Innsbruck grundsätzlich interessant, sich an konkreten Leseprojekten und Lesefördermaßnahmen zu beteiligen?
Margret Friedrich: Ich würde Projekte in dieser Richtung sehr begrüßen. Hier besteht gerade im Lehramtsbereich die Möglichkeit, Diplomarbeiten und Dissertationen zu diesem Thema zu vergeben. Ich denke, dass hier doch einiges möglich wäre, lassen sich doch Forschung und Wissenschaft mit Fragen verbinden, die gesellschaftlich sehr wichtig sind.
Lesen in Tirol: Was würden Sie sich für den Bereich der Leseförderung und Lesekompetenz wünschen?
Margret Friedrich: Als begeisterte Leserin, wünsche ich mir natürlich, dass die Lese-und Sprachkompetenz, aber auch der Reichtum des Wortschatzes erhalten bleibt und sogar noch zunimmt. Ich wünsche mir, dass vermittelt wird, wie viel wir mit Sprache machen können. Je mehr Wörter wir zur Verfügung haben und je mehr wir im Satzbau auszudrücken imstande sind, umso besser ist es für uns selbst. All das, lässt sich natürlich ganz besonders über das Lesen fördern.
Lesen in Tirol: Vielen Dank für das Interview!
(Das Interview wurde am 4.5.2011 geführt.)
>> Lesen und Leseförderung in Tirol im Zeichen der PISA-Studie 2009, Teil 1
>> Lesen und Leseförderung in Tirol im Zeichen der PISA-Studie 2009, Teil 2
>> Lesen und Leseförderung in Tirol im Zeichen der PISA-Studie 2009, Teil 4
Weiterführende Links:
Universität Innsbruck
Andreas Markt-Huter, 27-10-2011