Neil Gaiman Beobachtungen aus der letzten Reihe
„Dieses Buch enthält nicht die gesamten nichtfiktionalen Werke von Neil Gaiman. Stattdessen handelt es sich um einen zusammengewürfelten Haufen von Vorträgen, Einleitungen und Essays. Einige davon sind ernst, andere frivol und wieder andere habe ich in dem Versuch geschrieben, die Menschen zum Zuhören zu bewegen.“ (S. 15)
„Beobachtungen aus der letzten Reihe“ versammelt eine große Auswahl an Vorträgen, Reden, Artikeln und Erläuterungen zu Literatur, Film, Comics, Musik, Städten und Lebensart, aber auch sehr persönliche Texte über Kunst und Politik und Gesellschaft der Gegenwart.
Im Zentrum der versammelten Kurztexte steht die Literatur in all ihren Ausformungen, sei es nun Fantasy, Comics oder aber auch Genre-Vorstellungen wie Pornographie, Mythen u.a. Daneben finden sich aber auch ganz persönlichen Texte über eigene Leseerfahrungen, über Autoren die eine ganz persönliche Rolle im Leben Gaimans gespielt habe wie C.S. Lewis und seine Chroniken von Narnia, J.R.R. Tolkien und sein „Herr der Ringe“ oder G.K. Chesterton mit seinen „Father Brown Stories“.
In zehn Kapitel unterteilt finden sich unterschiedliche Texte eingeordnet. Kapitel I „Einige Dinge, an die ich glaube“ beinhaltet Vorträge mit aufregenden Titeln wie: „Warum unsere Zukunft von Büchereien, Lesen und Tagträumen abhängt“ (S. 20) oder „Lügen für den Lebensunterhalt … und warum wir das tun“ (S. 33).
Kapitel II und II beinhaltet Texte über Autoren und ihre Werke wie z.B. „Erinnerungen an Douglas Adams“ (S. 140), „Wie man Gene Wolf lesen sollte“ (S. 137) oder „Ray Bradbury, Fahrenheit 451 und was Science-Fiction ist und tut“ (S. 210).
In den Kapiteln IV „Filme, Kino und ich“ V „Über Comics und einige Menschen, die sie erschaffen“ würdigt Gaiman die Bedeutung beider Kunstformen auf seine ganz eigene Weise, die immer mit persönlichen Erinnerungen und Erlebnisse verbunden ist, was den überaus authentischen Eindruck der Texte unterstreicht.
Kapitel VI stellt wieder die Literatur mit einer Sammlung von Vorworten zu Büchern in den Mittelpunkt, wie z.B. „Etwas seltsam in den Zügen: die auserlesenen Schönheiten des Edgar Allen Poe“ (S. 360) oder „Von den vergangenen Tagen der Zukunft: The Country of the Blind and Other Stories von H.G. Wells“ (S. 374).
In Kapitel VII „Musik und die Leute, die sie machen“ stehen vor allem die Pianistin Tori Amos und der 2013 verstorbene Sänger und Songwriter Lou Reed im Mittelpunkt. Kapitel VIII „Von Sternenwanderern und Märchen“ bietet Texte, in denen Gaiman über die wichtige Rolle von Märchen und Fantasy-Romanen philosophiert. Am Ende findet sich sein Playdorier „Macht gute Kunst“ (S. 508) sowie in Kapitel X „Die Aussicht von den billigen Plätzen: wirkliche Dinge“ persönliche Erfahrungsberichte wie z.B. von der Oscar-Verleihung 2010, oder in „Ein wilder Wald von Spiegeln“ (S. 527) die Frage nach dem „Wer bin ich?“ und dem „Wer sind wir?“, wo er seinen Gedanken beim Betrachten alter Fotografien freien Lauf lässt.
Neil Gaimans Textsammlung „Beobachtungen aus der letzten Reihe“ gibt einen erfrischenden Einblick in die Gedankenwelt des bekannten englischen Autors, der durch zahlreiche Science-Fiction und Fantasy-Geschichten aber auch Comics und Drehbücher bekannt geworden ist.
Jeder Aufsatz, Vortrag und Kurztext zeugt vom Esprit des Autors, der sich durch Authentizität, Humor und von seiner Freude am geschriebenen Wort und der Kunst auszeichnet.
Eine überaus lesenswerte Aufsatzsammlung, die allen Leserinnen und Lesern, die sich für Literatur und Kunst interessieren oder auch selbst gerne schreiben wertvollen Anregung und Inspiration bietet.
Neil Gaiman, Beobachtungen aus der letzten Reihe. Über die Kunst, das Erzählen und wieso wir Geschichten brauchen, übers. v. Rainer Schumacher / Ruggero Leò [Orig. Titel: The View from the Cheap Seats], ab 16 Jahren
Köln: Eichborn Verlag 2017, 576 Seiten, 24,70 €, ISBN 978-3-8479-0035-1
Weiterführende Links:
Eichborn Verlag: Neil Gaiman Beobachtungen aus der letzten Reihe
Wikipedia: Neil Gaiman
Andreas Markt-Huter, 15-01-2019