Max Höfler, Arbeit Freizeit Gewalt

max höfler, arbeitWas den Menschen vom Tier unterscheidet, sind seine Affinitäten für Arbeit, Freizeit und Gewalt. Arbeit und Freizeit sind oft Komplementär-Mengen, und beim Übergang von einem in den anderen Zustand knackst es und es gibt Gewalt.

Max Höfler nennt sein Handbuch über diese soziologischen Grundbegriffe eine Commedia. Mit diesem Genre stellt er eine Verbindung zu Dantes Inferno her, worin ja auch die Herrschaft der Hölle über den Menschen besungen wird. Die Arbeit-Freizeit-Gewalt-Commedia ist aus diesem Grund auch in drei Kapitel mit jeweils neun Kreisen unterteilt. „Im Inferno“ (7), „Im FegeFeier“ (75), „In Eden“ (139) suggerieren einen logischen Dreischritt, der sich aber Satz für Satz so lange in Schach hält, bis die Ereignisse eingefroren sind zu einem Standbild.

Diese Standbilder springen dann auch während der Lektüre immer als Pop-ups auf und zeigen im Stile einer Nachrichtenagentur ein Ereignis mit einem lakonischen Untertext, der beileibe nichts mit dem Bild zu tun haben muss. Die Akteure kriegen jeweils die Altersangabe in Klammern gesetzt, was zu tollen Aussagen führt, wenn ein hundertacht-jähriger Baum von einem vierundzwanzig-jährigen Holzfäller umgeschnitten wird. An anderer Stelle reitet ein etwa Fünfzigjähriger auf einer Sau durchs Dorf, von der Sau haben wir aber keine Altersangabe, weil sie ein Pony mit Schweinemaske ist.

Mit dieser Überkorrektheit von Nachrichtenelementen schlägt sich auch der Text herum. Die Suchmaschine des Lesens spuckt nach dem Zufallsprinzip Namen aus, die dann zu einer völlig ungewöhnlichen Verbindung mit einem Sachverhalt führen. So stürzt sich die Aufmerksamkeit zuerst auf André Heller, aber dann stellt sich heraus, es geht es um Kollektivverträge und Urlaubsangaben, von denen der Medienstar keine Ahnung hat. (141) Die Sätze werden nach einem überscharfen Algorithmus komponiert und bieten so Satz für Satz eine neue Welt an.

Die ausgewählten Protagonisten für ungewöhnliche Satzkonstruktionen sind auf dem Back-Cover aufgefädelt wie im Abspann eines Films. Allen von Woody Allen über Herbert Kickel, Richard Lugner bis hin zu Gerhard Zeiler ist eine ungewöhnliche Zugangsweise zur Arbeit, Freizeit oder zur Gewalt zuzutrauen.

Für diese neue Sichtweise ist auch eine eigene Orthographie vonnöten, da die alte ohnehin niemand beherrscht, werden die Komposita in ihrem semantischen Werdegang vorgestellt. Also KindesKinder, AchtzigStundenWoche, CyborgGeschöpf.

Ja, dann startet doch zur finalen HerausForderung so wie Adam Azinski einfach die MotorSäge, um euch die am wenigsten gebrauchten Zehen wegzuschneiden. (70)

Das Material hat Max Höfler in der Hauptsache aus diversen Ranking- und Compilationskanälen auf YouTube herausdestilliert, das Bildverzeichnis ist äußerst korrekt, freilich sind alle Rechtsinhaber unbekannt oder nennen sich Public Domain.

Die Commedia ist ein Höllenritt durch die skurrile Welt des Durchblätterns oder Durchsurfens. Das Leser-Auge wird dabei immer geiler und hemmungsloser und hält sich an eine wunderschöne Bildunterschrift:

Macht immer glücklich: das Unglück anderer. (130)

Max Höfler, Arbeit. Freizeit. Gewalt. Commedia
Klagenfurt: Ritter Verlag 2018, 207 Seiten, 18,90 €, ISBN 978-3-85415-572-0

 

Weiterführende Links:
Ritter Verlag: Max Höfler, Arbeit. Freizeit. Gewalt
Wikipedia: Max Höfler

 

Helmuth Schönauer, 17-04-2018

Bibliographie

AutorIn

Max Höfler

Buchtitel

Arbeit. Freizeit. Gewalt. Commedia

Erscheinungsort

Klagenfurt

Erscheinungsjahr

2018

Verlag

Ritter Verlag

Seitenzahl

207

Preis in EUR

18,90

ISBN

978-3-85415-572-0

Kurzbiographie AutorIn

Max Höfler, geb. 1978 in der Oststeiermark, lebt in Graz.