Enne Koens, Ich bin Vincent und ich habe keine Angst
„Auf meiner Flucht hierher bin ich über Äste gestolpert und in Kuhlen gefallen. Meine Sachen sind durchnässt von dem Laub und den Farnblättern, die gegen mich schlugen, meine Hände sind völlig zerschrammt. Ich bin allein, und wenn ich ehrlich bin: Ich habe Angst.“ (S. 6)
Der elfjährige Vincent fühlt sich als Außenseiter, der schon seit längerer Zeit intensiv von Mitschülern seiner Klasse gemobbt wird. Auf einer viertägigen Klassenfahrt in den Wald in den belgischen Ardennen kommt es schließlich zum Eklat.
Vincent ist aus dem Ferienkamp seiner Klasse in den Wald geflüchtet und blickt auf die Woche vor der Klassenfahrt zurück. Im Grunde liebt er abenteuerliche Ausflüge in die Wildnis, gehört doch sein Survival-Handbuch zu seinen Lieblingsbüchern, aus dem er alles weiß, was für das Überleben in der Wildnis nötig ist. Doch Vincent hat ein großes Problem: er wird von einigen seiner Mitschüler gemobbt. In der Mittagspause und beim Heimweg von der Schule leidet er Höllenqualen, weil er ständig beschimpft und geschlagen wird.
Sein schlimmster Feind ist Dilan, der ein paar Straßen weiter wohnt und gerade hergezogen war. Glaubte Vincent zunächst, dass Dilan sein Freund sein wolle, beginnt dieser bald besonders hinterhältig die ganze Klasse gegen ihn auf. Vincents Kindermädchen Charlotte, mit der ihn ein ganz besonderes Vertrauensverhältnis verbindet, will den Attacken seiner Mitschüler nicht länger zusehen und endlich Vincents Eltern einweihen. Vincent bittet sie damit noch das Ferienkamp abzuwarten, weil er seinen Eltern keine Sorgen bereiten will.
Als sich eine neue Mitschülerin, Jaqueline genannt „Die Jacke“, für Vincent interessiert, hofft Vincent endlich aus seiner Isolation in der Klasse zu entkommen. Sie ist begeistert von seinem Wissen über das Überleben in der Wildnis. Er hingegen hat Angst, dass auch Jaqueline sich gegen ihn wenden könnte, wie zuvor bereits Dilan. Dilan beobachtet die neue Freundschaft zwischen Jaqueline und Vincent mit Eifersucht und bedroht ihn:
„Auf der Klassenfahrt kriegen wir dich“, zischt er und macht sich blitzschnell aus dem Staub. (S. 80)
Mit viel Einfühlungsvermögen schildert Enne Koens die Ängste und Gefühle aus der Sicht eines Mobbingopfers, der als Überlebensstrategie mit imaginären Tierfreunden seine Probleme bespricht. Wir erleben seine Selbstzweifel, seine Sorge den Eltern Kummer zu bereiten und seine zahlreichen Strategien, den Anschlägen seiner Mitschüler zu entkommen.
Ein überaus empfehlenswertes Kinderbuch zum Thema Mobbing, aber auch wie Freundschaft und Mut selbst größte Probleme überwinden kann und gezeigt wird, wie wichtig es ist, seine Sorgen mit anderen zu teilen.
Enne Koens, Ich bin Vincent und ich habe keine Angst. Ill. v. Maartje Kuiper, übers. v. Andrea Kluitmann [Orig. Titel: Ik ben Vincent en ik ben niet bang], ab 9 Jahren
Hildesheim: Gerstenberg Verlag 2019, 192 Seiten, 15,50 €, ISBN 978-3-8369-5679-6
Weiterführende Links:
Gerstenberg Verlag: Enne Koens, Ich bin Vincent und ich habe keine Angst
Wikipedia: Enne Koens
Homepage: Maartje Kuiper (engl.)
Andreas Markt-Huter, 01-04-2020