Antonio Iturbe u.a., Die Bibliothekarin von Auschwitz
„Sie war damals noch ein Kind, aber die Bücher waren für sie längst zu einem Fenster zur Welt geworden. Ein Fenster zur Welt und zu sich selbst. Ihre größte Angst im Prag der späten 1930er Jahre war, dass sie nicht genug Zeit für all die vielen Bücher haben würde. Ihr Name war Edita Adlerova. Aber alle nannten sie Dita. Und Bücher waren ihre Leben.“ (S. 3 f)
„Die Bibliothekarin von Auschwitz“ erzählt die Geschichte der 14-jährigen Edita Adlerova und ihrer Familie, die nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch die deutsche Wehrmacht aufgrund ihrer jüdische Herkunft aus dem öffentlichen Leben verbannt und schließlich im Konzentrationslager Auschwitz auf außergewöhnliche Weise gegen die Hölle des Lagerlebens kämpfen mussten.
Bücher sind Editas große Leidenschaft und Lesen und Bildung haben einen hohen Stellenwert im Leben ihrer Familie. Doch bald schon sind die unbeschwerten Zeiten vorbei, als die deutsche Wehrmacht in Prag einmarschiert und das Leben der Familie von Grund auf verändert. Juden müssen nun einen Judenstern tragen, dürfen keine Cafés mehr betreten und den Kindern ist es verboten, in den Parks zu spielen.
Als Editas Vater seine Arbeit verliert und sich die Gerüchte verstärken, dass Juden bald die Stadt verlassen müssten, wird auch die Stimmung in der Familie zunehmend angespannt. Im November 1942 erhalten sie die Verordnung, dass sie ihre Wohnung in Prag verlassen müssen und jeder nur einen Koffer mit sich führen darf. Edita ist verzweifelt, weil sie alle ihre Bücher zurücklassen muss.
Nach einem Jahr im Ghetto Theresienstadt wird die Familie im Dezember 1943 schließlich nach Auschwitz deportiert, wo sie schon kurz nach ihrer Ankunft damit rechnen ermordet zu werden. Zu ihrer Überraschung kommen sie in den Block BIIb, das Theresienstädter Familienlager, wo sie unerwartete Freiheiten genießen dürfen. Im Lager lernt Edita Fredy Hirsch kennen, der in Prag als Zionist und Widerstandskämpfer verhaftet worden ist und der im Lager eine außergewöhnliche Autorität genießt und der ihrem Block zahlreiche Privilegien eröffnen hat. So gelang es ihm, eine Schule für die Kinder einrichten zu lassen.
Auch für Edita weiß Fredy eine spezielle, wenn auch sehr gefährliche Aufgabe, in der sie ihre Liebe zu Büchern einbringen kann. Sie soll die neue Bibliothekarin in Auschwitz werden. Bei einer überraschenden Inspektion der SS in der Baracke der Bibliothek gelingt es Editas nur knapp die Bücher zu verstecken. Dabei erweckt sie die Aufmerksamkeit des berüchtigten KZ-Arztes Dr. Josef Mengele.
„Ich werde dich im Auge behalten. Selbst wenn du mich nicht siehst, werde ich dich beobachten.“ (S. 61)
„Die Bibliothekarin von Auschwitz“ erzählt im Comic-Format die außergewöhnliche Geschichte eines Mädchens, das im KZ Auschwitz um ihr Überleben kämpft und dennoch als Bibliothekarin eine wichtige Rolle erfüllt. Überaus diskret wird der Weg des jungen Mädchens von der unbeschwerten Kinderwelt in die Hölle von Auschwitz für junge Leserinnen und Leser erzählt, wobei der Schrecken sowohl im Text als auch in den ausdrucksstarken Bildern nur angedeutet und nicht explizit dargestellt wird.
Ein überaus empfehlenswertes Kinder- und Jugendbuch, das den jungen Leserinnen und Lesern mit bemerkenswerter Feinfühligkeit eines der schrecklichsten Kapitel der Menschheit im 20. Jahrhundert zu vermitteln und Empathie für die Leiden der Menschen zu wecken vermag.
Antonio Iturbe / Loretta Aroca / Salva Rubio, Die Bibliothekarin von Auschwitz. Ill. v. Loretta Aroca / Salva Rubio, übers. v. Leo Gürtler [Orig. Titel: La bibliotecaria de Auschwitz], ab 12 Jahren
Wien: Bahoe Books Verlag 2022, 144 Seiten, 24,00 €, ISBN 978-3-903290-72-3
Weiterführende Links:
Antonio Iturbe / Loretta Aroca / Salva Rubio, Die Bibliothekarin von Auschwitz
Europe Comics: Salva Rubio (engl.)
Wikipedia: Antonio Iturbe (engl.)
Andreas Markt-Huter, 05-12-2022