Esaias Tegnér, Frithjofsage
„Es wuchsen einst auf Hildings Gut / Zwei Pflanzen unter Pflegers Hut, / Nie war auf Nordens grünen Auen / Ein schöner Paar zuvor zu schauen. // Die eine wie die Eiche spross. / Und wie die Lanze ist ihr Schoß, / Um welche stolz im Wind getragen / Dem Helmbusch gleich die Wipfel ragen.“ (S. 5)
Die Königstochter Ingborg und der freigeboren Frithjof kennen und lieben sich seit Kindestagen. Doch trennt ein unüberwindlicher Standesunterschied die Tochter König Beles vom Sohn des Bauern und Waffenbruder des Königs Thorsten. Als König Bele und Frithjofs Vater Thorsten sterben und gemeinsam begraben werden teilen sich die beiden ungleichen Königssöhne Helge und Halfan das Reich. Frithjof erbt den Besitz seines Vaters Thorsten, den Hof Framnäs, das Schwert Angurvadel, einen Ring und das Schiff Ellida.
Frithjof hält ganz im Sinne des verstorbenen Königs Bele um Ingborgs Hand an, wird aber von Ingeborgs Brüdern Helge und Halfdan abgewiesen.
Da hob sich Helge empor mit Hohn:
„Die Schwester ist nicht für den Bauernsohn;
Nur Königserben,
Nicht Du darfst um Walhalls Entspross’ne werben.“ (S. 39)
Gedemütigt und gekränkt zieht er sich auf sein Gut zurück und beschließt von nun an die beiden Könige nicht mehr zu unterstützen.
Schon kurz darauf hält der mächtige und greise König Ring von Schweden, dessen Frau verstorben ist, um Ingeborgs Hand an. Als das Orakel schweigt, weist Helge den Antrag des alten Schwedenkönigs zurück, der von Halfdan noch beleidigt wird. Aus Rache zieht Ring gegen die beiden Brüder in den Krieg. Ingeborg wird zum Schutz in den Tempel des Gottes Balder gebracht, wo Frithjof sie aufsucht. Anschließend bietet Frithjof den beiden Königsbrüdern noch einmal seine Unterstützung im Krieg an, wenn er Ingeborg zur Frau erhält.
Das Ansinnen Frithjofs wird von König Helge mit dem Vorwurf der Tempelschändung zurückgewiesen. Frithjof drohen die Landesverweisung oder der Tod, doch Helge zeigt sich mild und überträgt ihm die Aufgabe, bei Jarl Angantyr die verweigerte jährliche Abgabe einzutreiben. Sollte Frithjof das nicht gelingen, gilt er für vogelfrei.
Frithjof entschließt sich, gemeinsam mit Ingeborg die Flucht zu ergreifen, doch Ingeborg lehnt diesen Rechtsbruch weinenden Herzens ab. Frithjof macht daraufhin auf den Weg, um die Abgabe einzutreiben. Er bittet die Könige während seiner Abwesenheit seinen Besitz zu schützen. Als Frithjof zurückkehrt, muss er feststellen, dass sein Besitz verwüstet und Ingeborg mit König Ring verheiratet worden ist. Der Streit bricht offen aus.
Die altnordische Heldensage von der großen Liebe zwischen Frithjof und Ingeborg und dem Streit mit ihren beiden Brüdern hat bis heute nichts von seiner Spannung und seiner Kraft eingebüßt. Die Anmerkungen des Übersetzers und die Erläuterung zentraler Begriffe in den einzelnen Gesängen helfen die zahlreichen Bezeichnungen aus der nordischen Mythologie und Geschichte zu verstehen. Die von Esaias Tegnér in gebundener Sprache geschriebene Fassung orientiert sich an einem überlieferten Text aus dem 13./14. Jahrhundert. Auch wenn die ein wenig antiquierte Reimform zum schnellen Lesen zunächst ungewohnt und ein wenig mühsam erscheinen mag, unterstreicht sie, wie die zahlreichen Illustrationen, dennoch den außergewöhnlichen Reiz des spannenden und überaus lesenswerten Heldenepos.
Esaias Tegnér, Frithjofsage. Ill. v. Baron v. Kittlitz / Johann Friedrich Böhmer, über. v. Julius Minding [Orig. Titel: Frithiofs saga]
München: Anaconda Verlag 2023, 224 Seiten, 6,95 €, ISBN 978-3-7306-1276-7
Weiterführende Links:
Anaconda Verlag: Esaias Tegnér, Frithjofsage
Wikipedia: Esaias Tegnér
Wikipedia: Julius Minding
Andreas Markt-Huter, 12-01-2024