john barton, die geschichte bibel„In diesem Buch erzähle ich die Geschichte der Bibel von ihren ersten Anfängen in Volkssagen und Mythen bis zu ihrer Rezeption und Auslegung heute. Ich beschreibe die Entstehung, Weitergabe und Verbreitung der Bibel und zeige, wie sie in der Antike bis zur Gegenwart gelesen und genutzt wurde und wird, sowohl in ihren Ursprungssprachen wie auch in Übersetzungen.“ (S. 15)

Beginnend mit der Umwelt der ältesten Teile des Alten Testaments im 9. und 8. Jahrhundert wird erzählt, wie die Hebräische Bibel nach und nach die uns bekannte Form angenommen hat. Mit dem aufkommenden Christentum erfährt das Alte Testament einen neuen Blickwinkel der Betrachtung, nämlich als Vorspiel für das Neue Testament, das nach an den Glaubensinhalten des Christentums interpretiert wird. Die Sichtweisen auf das Alte und Neue Testament werden von Juden und Christen im Laufe der Geschichte immer wieder den sich ändernden Ideen und Vorstellungen angepasst.

liviu rebreanu, der wald der gehenktenAufsehenerregende Romane sind oft für eine einzige Szene bekannt. Diese ist an und für sich überschaubar, breitet sich dann aber über ein ganzes Jahrhundert aus.

Liviu Rebreanus „Der Wald der Gehenkten“ aus dem Jahre 1922 versucht aufs erste einmal Atem zu holen und das Desaster des Weltkriegs in halbwegs greifbaren Bildern darzustellen. Weltberühmt ist der Roman inzwischen wegen der Hinrichtung im ersten Kapitel. Das Besondere dieser Aktion am Rande der Geographie und des Kriegsgeschehens ist die groteske Hilflosigkeit, mit der die Beteiligten die Sache hinter sich bringen wollen, inklusive des Delinquenten, der nur einen Wusch hat, dass diese vermurkste Hinrichtung möglichst bald vorbei ein möge. Bei dieser speziellen Hinrichtung handelt es sich um eine österreichische Amtsaktion unter Kriegsbedingungen. Das ist so das Schlimmste, was man sich als Soldat, Beamter, Mensch oder Österreicher wünschen kann.

hallie rubenhold, the five„Meine Absicht beim Schreiben dieses Buches war es nicht, den Mörder zu jagen und zu benennen. Mein Wunsch ist es stattdessen, den Wegen der fünf Frauen nachzuspüren, ihre Erfahrungen im Kontext ihrer Zeit aufzuzeigen und ihre Leben durch Düsternis und Licht gleichermaßen zu verfolgen.“ (S. 30)

Heute noch steht der Name Jack the Ripper als Synonym eines bestialischen Massenmörders, der die Gesellschaft seine Zeit in Atem hielt und Furcht und Schrecken verbreitet hat. Während dieser in die Geschichte eingegangen ist, sind seine Opfer – fünf Frauen – in Vergessenheit geraten. Ihnen und ihren persönlichen und sozialen Lebensumständen ist dieses Buch gewidmet.

erika wimmer, löwin auf einem beinEs gibt Romane, darin explodieren die Heldinnen mit eruptiven Gesten, und dann gibt es diese gereiften Abklärungsromane, die im Stile von Archivaren und Archäologen das Zeitlose am Leben halten.

Erika Wimmer Mazohl verbindet beides, das aufregend Historische der jüngeren Gegenwart mit dem Bedächtigen, das als Biographie entsteht, wenn das Leben nur lange genug dauert. Die Kunst ihres Romans beginnt schon damit, dass Personen und Ideen zusammengeführt werden, sie sich normalerweise aus dem Weg gehen. Das Figuren-Set ist scheinbar kompakt überschaubar und dient dazu, die komplexe Welt mit einem halbwegs stabilen Koordinatennetz zu überziehen.

valerian, mourir dantzigSoll ich heute überhaupt was erleben? - Diese Frage der Spätromantik gilt heute als schwer überholt, besteht der Sinn des Lebens doch darin, möglichst viel zu erleben. Im Alter freilich kommt immer öfter die Frage auf, was tue ich mit dem Erlebten?

Für H. W. Valerian stellt eine Busreise durch das gegenwärtige Polen so ein Erlebnis dar, das irgendwie unbeabsichtigt aufgetaucht ist wie so viele Aktivitäten, die jemand im Ruhestand vollbringt. Nun ist diese Polenreise also einmal geschehen und für den belesenen und historisch interessierten Autor geht es darum, damit etwas anzufangen. In erster Linie heißt das für seine Generation: Aufschreiben.

dan jones_spiel der könige„Die Könige aus dem Haus Plantagenet erfanden nicht nur England als politische, administrative und militärische Einheit. Sie trugen auch dazu bei, unsere Vorstellung von England zu prägen – eine Vorstellung, der nach wie vor eine große Bedeutung zukommt.“ (S. 15)

„Spiel der Könige“ erzählt die fast dreihundertjährige Geschichte des Hauses Plantagenet von seinem Stammvater Gottfried, Graf von Anjou, der mit seinem Helmschmuck der Ginster, mit der lateinischen Bezeichnung „planta genet“, der Familie den Namen gegeben hat, bis zu Richard II., der im Jahr 1399 abgesetzt und im Kerker ermordet worden ist.

peter henisch, siebeneinhalb lebenDer Rentner-Roman ist zwar weit verbreitet, wird aber kaum als solcher kaum mit dem Mund ausgesprochen. Denn in der Literatur geht es oft um beratende Geschäfte, und wer will schon einem Kunden zumuten, dass er einen Rentner-Roman lesen soll. In der Literatur nämlich gibt es keine Rentner, da alle entweder schreiben, lesen oder was verkaufen.

Peter Henisch quälen solche Gattungs-Diskurse nicht, er nennt seinen Roman Siebeneinhalb Leben, und wenn man das Komma dabei richtig setzt, kommt ein Geburtstagsroman zum Fünfundsiebzigsten heraus. Und seine Romane sind immer deshalb aufregend, weil auf der Oberfläche fast nichts passiert, außer dass jemand sein Gesicht in die Gegend hält, aus dem Fenster schaut, eine Katze streichelt oder ein altes Bild updatet.

gerald murnane, die ebenenAls die Erde noch eine Scheibe ist, ist die Ebene so etwas wie die ganze plane Welt, die man sich vorstellen kann. Später wird aus den Ebenen etwas Geographisches, worin sich vorzüglich Schlachten abwickeln lassen, das Kind spielt mit der Ebene, worin es diverse Figuren aufstellt und schließlich sind wir Literaturmenschen immer hingerissen von den Ebenen. Spielebene, Sprachebene, Metaebene, an manchen Tagen verlieren wir uns beim Lesen darin.

Gerald Murnane wohnt in einem Land, das aus einer einzigen Ebene besteht und laut Lebenslauf hat er diese Fläche nie verlassen, sondern alles, was er braucht, in sie hineinprojiziert. „Die Ebenen“ sind ein rätselhafter Roman, der viel mehr Fragen offen lässt, als er zu Lebzeiten der Lektüre zu beantworten gewillt ist. Der Roman ist eine Kulturgeschichte, ein Schöpfungsbericht, ein Abenteuerroman über die Verteidigung von Besitzständen und ein dramatisch-inniger Versuch, der inneren Peripherie Australiens eine Identität zu geben.

oksana sabuschko, der lange abschied von der angstWenn man schon von Nationalliteratur spricht, die ein Land retten und aufrichten kann, dann müsste man diese Literatur fallweise therapieren und auf Reha schicken, wenn sie krank oder deprimiert ist.

Oksana Sabuschko nimmt einen Terroranschlag in Paris zum Anlass, um anhand von öffentlichen Gefühlen den Zustand der französischen und ukrainischen Angstbewältigung in Diskussion zu stellen. Nach den diversen Revolutionen in der Ukraine stellt die Autorin fest, dass das Kernthema allmählich öffentlich diskutiert wird. Die Kolonialisierung der Ukraine durch die Sowjetunion hat nämlich über Generationen hinweg zu Angst und dem Lefortowo-Syndrom geführt, benannt nach dem berüchtigten Moskauer Gefängnis.

andrej platonow, tschewengurBin ich vielleicht Schriftsteller oder was? - Ein Funktionär mitten in der Steppe Russlands ist ganz verzweifelt, dass er den Sozialismus nicht nur organisieren, sondern auch noch erklären soll. (270)

Andrej Platonow stellt dem Funktionär den Schriftsteller nicht als Genossen an die Seite, sondern dieser hat mit der Beschreibung die Politik zu kontrollieren und voranzutreiben, wenn nicht gar alle in eine bessere Zukunft zu hetzen.