walter hohenauer, zur hölle mit den bürokratenIm Österreichischen wird der Schrecken oft durch die Verkleinerungsform gesteigert, so ist das Wamperl größer als die Wampe, das Angsterl brutaler als die Angst, und selbstverständlich das Putscherl gefährlicher als der Putsch.

Walter Hohenauer erzählt mit seinem Roman „Zur Hölle mit den Bürokraten“ politisches Neuland, in seinem Polit-Thriller wird durchgespielt, was sich niemand zu formulieren getraut: dass nämlich die angefressenen österreichischen Typen ihre eigenen Floskeln eines Tages wörtlich nehmen und putschen.

irene diwiak, liebweisOpernfiguren brauchen vor allem eines: Viel Luft rund um sich, damit sie sich stimmlich ausbreiten und ihre Persönlichkeit entfalten können.

Irene Diwiak kümmert sich in ihrem grotesken Anti-Künstler Roman um diese viele Luft, die die Helden auf ihren Wegen an der Peripherie der Gesellschaft umgibt. Als Höhepunkt kommt es zu einer Aufführung des unheimlich kasteiten und kastrierten Werkes „Die Gräfin der Stille“.

Hans K. Stöckl, Es ist alles ganz einfachEndlich hat ein Autor in einem klaren Satz zum Ausdruck gebracht, was einen ehemaligen Bundeskanzler wegen der Komplexität der Dinge in den schieren Wahnsinn getrieben hat.

Der Karikaturist und Satiriker Hans K. Stöckl bringt sein Erklärungsmodell der Welt auf die Kurzformel: Es ist alles ganz vielfach.

Titelbild: Fritz Weilandt, Schwarz surren KastagnettenEine Satire ist eine Erzählgattung, worin der Autor ein bisschen mehr schräg erzählen darf, ohne dass das Gericht einschreitet, weil der Begriff ja eine Warnung ist, hier nicht alles physikalisch oder psychologisch allzu genau zu nehmen. Im Volksmund ist ein Satiriker oft jemand, der kurz vor der Einweisung in eine Spezialklinik steht.

Fritz Weilandt erklärt gleich im Titel, wie bei seinen gut achtzig Mini-Erzählungen die Dinge zusammengehen, nämlich locker und gar nicht. In „schwarz surren Kastagnetten“ sind die einzelnen Wörter zwar scheinbar falsch angewendet, sie ergeben aber dennoch einen höheren Sinn. Und wenn man lange genug hinschaut, ist der Titel nahezu logisch, das ist nämlich die Hauptaufgabe der Satire, etwas Verrücktes schließlich für normal zu erklären.

„Gegen Dummheit ist kein Kraut gewachsen, sagt der Volksmund. Da man Dummheit weder sehen, noch anfassen oder kaufen kann, ist es schwer sie zu beschreiben. Was wissen wir von ihr? Erstens lässt sich feststellen, dass sie scheinbar überall auftritt.“ (13)

Welche Rolle spielt die Dummheit in der Geschichte der Menschheit? Wenn sie auch häufig Kopfschütteln oder ungläubiges Staunen auszulösen vermag, so erscheinen die Folgen der Dummheit nicht immer so glimpflich oder amüsant, wie so manche kritischen Geister im Laufe der Geschichte erleben und erleiden haben müssen, die als Abweichler und Ketzer verunglimpft worden sind.

Eine Bagatelle in der Musik ist letztlich etwas so Mickriges, dass es sich gar nicht lohnt, die Instrumente auszupacken. Im Strafrecht ist eine Bagatelle etwas, was nicht der Mühe wert ist, einem Verfahren zugeführt zu werden.

Simon Konttas reizt mit seinen literarischen Bagatellen jene Schmerzgrenze aus, bis zu der die Protagonisten zwar ordentlich leiden, aber ihr Schmerz noch nicht ausreichend tief für einen großen Roman wütet. So bringen die siebzehn Geschichten die Helden zwar an die Grenze des Wahnsinns, aber die Deeskalation geschieht schließlich, indem der Erzählsack österreichisch zugemacht und der Konflikt somit beendet wird.

Die Tiroler sind die idealen Abenteurer, die überall auf der Welt Staunen auslösen. Seit Jahrhunderten arbeiten sie an diesem Mythos.

David Casagranda erzählt in einer Schlussnotiz, was an Patriotismus es mit dem Roman „Tirolés“ auf sich hat. Als der Südtiroler Schriftsteller Kurt Lanthaler einmal schnell einen Stoff braucht, um an der Berliner Filmakademie einen Prüfungsdreh zu bestehen, wird er von David Casagranda verlässlich mit Stoff versorgt. Ein bisschen von diesem augenzwinkernden Schnell-Stoff ist noch im Cover-Text enthalten, wenn von einem „historischen Lederhosenwestern“ berichtet wird.

Das Genre Vorabendserie prägt die Fläche einer Gesellschaft mit seinem absoluten Zeitgeistanspruch mehr als jegliche Art von Literatur. Wer in diesem Genre unterwegs ist, dem wird anschließend in der Literatur scharf auf die Finger geschaut.

Uli Brée ist mit seiner TV-Serie der „Vorstadtweiber“ in aller Munde. Und seit jeder erotische Touch außerhalb des Screens zu einer Gerichtsverhandlung führen kann, schaut man sich jeden Po-Griff zweimal an, ob er politisch korrekt ist oder nicht. Die Vorstadtweiber geben dabei ein loses Regelwerk absurder Begegnungen zwischen Männern und Frauen ab, die gerade noch nicht gerichtlich geahndet werden.

Ein Essay ist eine literarische Kunstgattung und als solche für Postings ungeeignet. Einem Essay begegnet man als Leser nicht mit der Bemerkung „gefällt mir“, sondern man überlegt seine eigene Einstellung zum Thema anhand der aufgeführten Sachlage. Das macht den Essay letztlich zu einem offenen Werk, das in gewisser Weise immer Recht hat.

Alois Schöpf gerät für seine Bemerkungen auf den Titel „Tirol für Fortgeschrittene“, weil er die Verfasser von „Tirol für Anfänger“, Paul Flora und Hans Weigel, persönlich gekannt hat. Er macht Fortgeschrittene daraus, weil sich alles weiterentwickelt hat und viele auch aus dem Land fortgeschritten sind. Das unterscheidet die Fortgegangenen vom Autor, der nach ein paar Jahren in Wien wieder zurück musste ins Herz der Alpen und seither leidet oder flucht, sofern ihm nicht durch die Blasmusik gewisse Auszeiten gegönnt sind.

Im postmodernen Literaturbetrieb steckt ähnlich einer russischen Puppe immer eine Inszenierung in der anderen. Mal ist es ein Buch, dann ein Festival, dann eine biographische Begebenheit, dann ein Traum, dann eine Love-Story aus der Erinnerung. Alle sind nach einem positiven Strickmuster geformt, damit sie auf den Klappentext passen.

Gerhard Falkner macht sich mit seinem Roman Romeo oder Julia über den Literaturbetrieb lustig und würdigt diesen als Arbeitgeber, der ständig die letzte absurde Kraftanstrengung von einem Autor fordert.