Damit der Prozess des Lesenlernens gelingt, ist es unerlässlich, die Kinder im Unterricht zu fördern, in ihrem individuellen Lernprozess zu begleiten, Schwierigkeiten wahrzunehmen, zu interpretieren und entsprechende Lernangebote zu machen. Lesekompetenz kann als zentrale Fertigkeit für das Lernen allgemein angesehen werden, deshalb ist in allen Unterrichtsgegenständen und über alle Schulstufen hinweg darauf ein besonderer Fokus zu legen.



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Wie lehrt man Lesestrategien?

Lesestrategien sind mentale Lesehandlungen, mit deren Hilfe die effektive Informationsverarbeitung von Texten leichter gelingt. Lesestrategien sollten explizit vermittelt werden und bei der unmittelbaren Textarbeit geübt werden (vgl. Rosebrock/Nix 2011).

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Lesen ist ein aktiver und konstruktiver Prozess. Der Leser und die Leserin geht eine Interaktion mit dem Text ein, eigenes Vorwissen wird eingebracht. Vier Bereiche beeinflussen entwicklungsabhängig in unterschiedlichem Ausmaß den Leseprozess:

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Viele Schülerinnen und Schüler, die vor Herausforderungen beim Lesen und auch Schreiben stehen, sind bis zur Einschulung in ihrer Entwicklung vollkommen unauffällig. Umso größer sind die Enttäuschung und schließlich auch die Verzweiflung, wenn dies alles nicht gelingt. Ein Schüler mit Lese- Rechtschreibschwierigkeiten drückte seine Erfahrungen mit diesem Satz aus: „Über Jahre bin ich jeden Tag für Fehler bestraft worden, die ich nicht sehen kann.“

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Motivation ist das, was erklärt, warum Menschen oder Tiere ein bestimmtes Verhalten zu einem gewissen Zeitpunkt einleiten, fortsetzen oder beenden. Sie umfasst die Gesamtheit aller Motive oder Beweggründe, die zur Handlungsbereitschaft führen, und das auf emotionaler und neuronaler Aktivität zurückzuführende Streben des Menschen nach Zielen oder wünschenswerten Zielobjekten (Pschyrembel & Dornblüth, 2002).

16-buchstabenprobeDie Buchstabenproben sind einfach durchführbare pädagogische Diagnoseinstrumente, die Aussagen über den aktuellen Lernstand einzelner Schülerinnen und Schüler beim Schriftspracherwerb bieten und aus denen sich die nächsten Lern- bzw. Förderschritte ableiten lassen. Je nach Lerntempo der einzelnen Schüler:innen kann der Durchführungszeitpunkt durch die Lehrperson individuell festgelegt werden. Die Buchstabenproben sind keinesfalls als Bewertungsinstrument zu sehen, sondern ausschließlich im Rahmen einer gezielten Förderdiagnostik anzulegen.

Gerade zu Beginn des Schriftspracherwerbs in der ersten Klasse können sich hier deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Schüler:innen zeigen, da sich der Lese- und Schreiblernprozess bei jedem Kind individuell gestaltet. Dieser Tatsache kann durch individuelles Lerntempo und gezielt eingesetzte, personalisierte Maßnahmen Rechnung getragen werden. Hierbei erweisen sich, neben den Beobachtungen der Lehrpersonen, die Buchstabenproben als hilfreiches und aussagekräftiges Instrument.

Lesefl%C3%BCssigkeit.PNGWas versteht man eigentlich unter Leseflüssigkeit? Einfach formuliert: dass ein Text mühelos und routiniert gelesen werden kann, dass man lesen kann, „ohne zu merken“, dass man liest (vgl. Rosebrock et.al 2011). Leseflüssigkeit ist also die Fähigkeit zur genauen, automatisierten, schnellen und sinnbildenden leisen und lauten Lektüre.

 

Nikolaus9331347f21e3ddb1a68920379caf9b1dbaf346a0-00-00.jpeg"Nikolaus dreht sich um, legt einen Finger auf seine Lippen und lächelt. Dann verschwindet er in der Dunkelheit, den prallgefüllten Beutel auf dem Rücken. Er hat noch was zu erledigen..." 

Lesetechnik.PNGDie frühzeitige Identifikation des Leselernstandes von Schülerinnen und Schülern durch die Klassenlehrperson ist zentral für die individuelle Verbesserung der Leseleistungen jedes einzelnen Kindes. Gerade für Schülerinnen und Schüler, die das Lesen von Beginn an vor eine Herausforderung stellt, ist eine ehestmögliche und zielgerichtete Förderung hinsichtlich der Leseleistungen über die gesamte Schullaufbahn hinweg unabdingbar. Förderdiagnostik dazu sollte bereits in der Mitte der 1. Schulstufe ansetzen (Handreichung des BMUKK: Der schulische Umgang mit der Lese-Rechtschreib-Schwäche, 2019).

 

Als eine von Beginn des Erstleseunterrichts bedeutsame Komponente hat sich eine systematische Instruktion in die Buchstabe-Laut-Beziehungen als besonders wirksam erwiesen – Befunde zeigen, dass dies den Kindern das Lesenlernen gerade zu Beginn deutlich erleichtert (Klicpera et al., 2007). Da die Variabilität der Leseleitung innerhalb einer Klasse sehr hoch ist – Landerl und Wimmer (2008) berichteten für eine Zufallsstichprobe von 115 Erstklasslern am Ende des Schuljahres von nur 19 Silben pro Minute bis zu 175 Silben pro Minute – ist die Herausforderung im Erstleseunterricht, dieser großen Bandbreite durch personalisierte Lernangebote gerecht zu werden. Gerade bis Mitte der 2. Klasse sollte ein zentrales Augenmerk auf die Lesetechnik, als Voraussetzung für flüssiges und sinnerfassendes Lesen gelegt werden; ein Fokus auf die Lesegeschwindigkeit wird für die 2. Hälfte der 2. Klasse und auch für die 3. Klasse empfohlen (Klicpera et al., 2007).

Lernumfeldbedingungen.PNGÜber alle Schulstufen hinweg dürfen „Lernumfeldbedingungen“ keinesfalls vernachlässigt werden, da der sozioökonomische Hintergrund, spezifische Lebensbedingungen und Interaktionen in Familien einen nachhaltigen Einfluss auf das Lernen allgemein von Schülerinnen und Schülern haben. Diesen Einfluss können wir tagtäglich in unseren Klassen erleben.

20 % der Schülerinnen und Schülern am Ende der Volksschule und 28 % der 15/16-jährigen Schulabgänger beherrschen maximal Basiskompetenzen des Lesens bzw. sind nicht in der Lage, sinnerfassend zu lesen (Vogtenhuber et al., 2012).

Erstleseunterricht.PNGErfolgreicher Erstleseunterricht konzentriert sich auf den Erwerb der Lesetechnik – die Sinnentnahme aus Texten steht dabei im Hintergrund. Bei einem Teil der Schülerinnen und Schüler ist dies nicht am Ende der ersten Klasse abgeschlossen, es gilt im Rahmen personalisierter Lernangebote den Kindern ausreichend Zeit zu lassen, da diese Basiskompetenzen in Bezug auf das Lesen eine entscheidende Grundlage für einen langfristigen Schulerfolg in allen Fächern darstellen.

Allgemein sind pädagogische Diagnosemaßnahmen, die auf das einzelne Kind abgestimmt sind, beim Leselernen von großer Bedeutung. Dass es dafür einen geschulten Blick der Lehrperson benötigt, zeigen schon Schmidt und Schabmann (2010). Fünf von Sechs Schülerinnen und Schüler, die am Ende der 1. Klasse zu den 15 % der schwächsten Leserinnen und Lesern gehörten, wurden von den Lehrerinnen und Lehrern im Dezember/Jänner der 1. Klasse als gute bzw. eher gute Leserinnen und Leser eingestuft, nur bei 11 % wurden leichte, bei 3 % schwerwiegendere Probleme beim Lesen festgestellt. Häufig herrscht die Fehlmeinung vor, dass Schwierigkeiten beim Lesen „von selbst vorbeigehen“ würden.