Wolfgang Straub, Literarischer Führer Österreich

Buch-CoverAm Cover radelt Thomas Bernhard in kurzer Hose mit seinem Waffenrad durch den Keller seines Bauernhauses in Ohlsdorf, im Vorspann ist Österreich als Puzzle von Bundesländern aufgezeichnet und nach einem Vorwort zur Vorgansweise dieser Literaturbetrachtung liegt Österreich dem Leser zu Füßen.

Die Idee dieses literarischen Führers geht auf die Lust der reisenden Leser zurück, mit den jeweiligen Orten Anekdoten oder literarische Besonderheiten in Verbindung zu bringen.

Im Alltag sehen wir ununterbrochen Gedenktafeln an Hausmauern angeschraubt, hinter welchen irgendwann einmal eine Berühmtheit abgestiegen ist.

Das ist die Stärke dieses Buches, die Klischees und Gendenkerwartungen werden voll erfüllt. Der Nachteil liegt vielleicht in der niedrigen Erregungsschwelle der Anekdoten. Eine Berühmtheit, einmal abgestiegen, kommt eher in die Wahrnehmung als ein Autor, der zwar an Ort und Stelle geschrieben hat, aber nicht richtig für die Öffentlichkeit abgestiegen ist. Ein typisches Society-Problem also.

Tirol ist in diesem Führer prächtig vertreten. Felix Mitterer in Achenkirch geboren, Thomas Bernhard mit seiner heimatschwülstigen Erzählung Amras, Johannes Trojer mit seiner Zeitschrift Thurntaler in Außervillgraten, Karl Schönherr in Axams - fast hat es den Eindruck, dass jeder Ort zumindest einmal in seiner Geschichte mit Literatur in Kontakt gekommen ist.

Die erzählten Geschichten gehören zu einem festen Kanon, wie er auf die Schnelle immer wieder erzählt wird. Etwa dass Hermann Broch seinen Roman Verzauberung in Mösern geschrieben hat, dass Ludwig Ganghofer in der Leutasch herumgekrebst ist und Ernest Hemingway von Schruns aus einmal einen Schiausflug nach Galtür unternommen hat.

Von diesem Niveau aus betrachtet fehlen natürlich die kauzigen Elemente der Tiroler Literaturgeschichte, etwa Mutters als Wirkungsort der Anni Kraus (?Aus der Kittlfaltn?) oder Itter als die Heimat des ruralen Erfolgsdichters Sepp Kahn.

Nimmt man etwa Innsbruck als literarischen Wirkungsort her, so ist die Stadt mit lauter Toten gepflastert, einzig und allein Walter Klier darf den Anschein erwecken, als ob es in Innsbruck eine zeitgenössische Literatur gebe. Ok, der Schriftbildner Heinz Gappmayr und die Revolutionärin Ingrid Strobl fetten das Kraut der lebenden Innsbrucker noch etwas auf.

In ähnlicher Form sind natürlich auch die anderen Bundesländer aufbereitet, so dass es für die Einheimischen immer eine Lust ist zu sehen, was für so einen Sammelband überregionale Gültigkeit hat, und für die Auswärtigen eine Einladung ist, sich die Bilder der fernen Orte mit Literatur unterlegt vorzustellen.

Wolfgang Straubs Literarischer Führer ist eine unkonventionelle Art, über das Oasennetz der Literatur durch die Wüste der Fiktion zu driften.

Wolfgang Straub, Literarischer Führer Österreich. Mit Abbildungen , Karten und Registern.
Frankfurt/M: Insel Verlag 2007. (= insel taschenbuch 3277). 227 Seiten. EUR 12,50. ISBN 978-3-458-34977-8.

 

Weiterführende Links:
Insel-Verlag: Wolfgang Straub, Literarischer Führer Österreich
Universität Wien: Wolfgang Straub

 

Helmuth Schönauer, 25-01-2008

Bibliographie

AutorIn

Wolfgang Straub

Buchtitel

Literarischer Führer Österreich

Erscheinungsort

Frankfurt a. M.

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Insel Verlag

Seitenzahl

227

Preis in EUR

12,50

ISBN

978-3-458-34977-8

Kurzbiographie AutorIn

Wolfgang Straub, geb. 1968 in Zell am See, lebt in Wien.