Andreas Höfele, Abweg

Buch-CoverWer hat sich nicht schon einmal so einen Abgang von seinem Büro gewünscht: Man lege ein kleines Feuerchen, gehe nicht zu schnell aus dem Haus, tauche in den Plan B ein und beobachte aus der Ferne, wie die ehemalige Dienststelle abbrennt.

In Andreas Höfeles Erzählung Abweg geht es um diesen gekonnten Abgang.

Der Universitätsdozent Wieland fackelt die Uni am Rande einer Kleinstadt ab und taucht unter. Während wir Leser mit dem Forschungs-Defraudanten mitleiden, wie er abtaucht, erklärt dieser uns in Rückblenden, warum er eigentlich defekt, wenn nicht gar wahnsinnig ist.

Während seiner Vorarbeiten zu einer Habilitation hat Wieland einen formidablen gesundheitlichen Schaden ausgefasst, er muss leiser treten, wenn nicht überhaupt die Forschung aufgeben. Dafür wird er eine Erzählung schreiben, denkt er sich. Zu Hause ist alles in Ordnung, die Frau und die Kinder sind vor allem da, wenn er nach Hause kommt. Trotzdem gerät Wieland auf den Abweg, nichts funktioniert ordnungsgemäß und so wird es Zeit, in den Plan B einzutreten.

Nach der Flucht aus der Universität taucht Wieland in einem obskuren Keiler-Lager unter. In einer miesen Baracke untergebracht schwärmen im Morgengrauen die Keilertrupps aus und verkaufen an diversen Wohnungstüren triviale Zeitschriften-Abos. Wieland wird einer miesen Ratte zugeteilt, dieser Partner versteht allerhand von der Psychologie des schnellen Verkaufs. In dieser Sekundärwelt arbeiten ohnehin nur die abgebrühtesten und kaputtesten Typen. Klarerweise lässt so mancher neben dem Abo auch noch den einen oder anderen Wertgegenstand mitgehen.

Die Lage eskaliert, als Wieland auf eine ehemalige Bekannte trifft. Gerade als der Partner wieder klauen will, wird er von der Bekannten umgelegt. Jetzt ist für Wieland die Flucht aus der Flucht angesagt.

In einem psychisch leicht gummig-schrägen Döse-Zustand beamt sich Wieland in die Scheinwelt zurück, aus der er geflohen ist. Alles scheint o.k. zu sein, der Tisch ist gedeckt, er steht absprungbereit an der Balkonbrüstung, da sieht er, dass drinnen am Esstisch völlig selbstverständlich ein anderer Mann seinen Platz eingenommen hat.

Andreas Höfele treibt seinen Helden frech von der Universität hinaus ins Freie. Dass gerade ein Dozent für gute Literatur letztlich Abos der Regenbogenpresse keilen muss, ist ein Abweg, der selbst seinem Helden nicht zugemutet werden kann. Verpackt in diese Krimi-Erzählung ist die entscheidende Frage, ob sich das, was wir uns im Kopf vorstellen, auf freier Wildbahn des Alltags umsetzen lässt. Als Leser kann man jedenfalls mit diesem "abwegigen" Helden ordentlich aussteigen, ohne dass dabei jemand zu Schaden kommt.

Andreas Höfele, Abweg. Eine Erzählung.
Frankfurt / M: Weissbooks 2008. 110 Seiten. EUR 16,-. ISBN 978-3-940888-22-8.

 

Weiterführende Links:
Weissbooks: Andreas Höfele, Abweg
Literaturlexikon RLP: Andreas Höfele

 

Helmuth Schönauer, 16-04-2008

Bibliographie

AutorIn

Andreas Höfele

Buchtitel

Abweg

Erscheinungsort

Frankfurt

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Weissbooks

Seitenzahl

110

Preis in EUR

16,00

ISBN

978-3-940888-22-8

Kurzbiographie AutorIn

Andreas Höfele, geb. 1950 in Bad Kreuznach, lebt in Neckargmünd.