Manfred Wieninger, Rostige Flügel

Buch-CoverDiese österreichische Seele rostet nirgendwo so fluguntauglich dahin wie in der Provinz.

Harland ist die Hauptstadt dieses düsteren Desasters an Lebenswille, die Figuren gehen wie in einem Thomas-Bernhard-Alptraum geduckt und geil durch die Szenerie, und wenn etwas geschieht, dann entweder als Gerücht oder als unheimliche Übertreibung.

Der Privatdetektiv Marek Miert ist in seinem neuen Fall gerade bei der Vormittagsjause, fette Blutwurstscheiben sticht er mit dem Hirschfänger auf dem Fettpapier ab, ehe er die Trümmer in den Magen stopft wie Felsblöcke. Die Frau, die ihm den Auftrag erteilt, ist erotisch übergekocht, wie das in der Provinz üblich ist, und ihre Bitte besteht darin, ihren Mann zu beschatten und die Ehe zu retten.

Im Dschungel der Böswilligkeit gibt es kaum einen sinnloseren Beruf als den eines Buchhändlers, der zu Beschattende ist so einer und sein Anzug kippt naturgemäß ins Proletenhafte, wenn er die Regale der Buchhandlung verlässt.

Schon bei den ersten Beschattungen tritt der Fall klar zu Tage. Der Buchhändler forscht in alten Akten aus der Nazizeit herum und rekonstruiert in der verwachsenen Au ein geheimnisvolles Lager, der Befund ist ernüchternd, jeder in der Gegend hat Nazi-Dreck am Stecken, nur die Betuchteren haben eben die Akten verschwinden lassen.

Nahtlos geht die Vergangenheit in die kriminelle Gegenwart über. Wo einst ukrainische Gefangene umgebracht oder gedemütigt worden sind, hat jetzt die Ukrainische Mafia das Heft in der Hand. Im Bordell Miramar spielt es sich ordentlich ab.

In einem Wettstreit mit der psychisch überhitzten Ortspolizei versucht Marek Miert Licht in die vertrackten Machenschaften zu bringen. Aber das ist gar nicht so einfach, denn bei Razzien am flachen Land wird so brutal vorgegangen, dass es auf jeden Fall Tote gibt, was dann erst recht den brutalen Einsatz rechtfertigt.

Auch sonst ist die Lebenskultur in Harland ziemlich pervers. Ein Kot-Künstler mit dem schönen Namen Gagamel verunstaltet die Wände regelmäßig mit Inschriften aus Kot. (54) Der Leiter der Kripo hat einen ordentlichen Huscher und ist gerade deshalb erfolgreich, und auch Marek Miert wird von der allgemeinen Epilepsie nicht verschont und fährt sein mieses Auto so lange in die Ecke, bis er dann doch noch einmal für kurze Zeit verhaftet wird.

Manfred Wieninger erzählt eine Provinz-Brutalität nach der anderen, und bei diesen groben Zahnrädern der Wirklichkeit greift tatsächlich alles nahtlos ins nächste über, was immer es auch sein mag. Die Figur des Marek Miert hält an Skurrilität durchaus mit den großen Genre- Eigenbrötlern der Weltliteratur mit, gleichzeitig wummert aus den grobschlächtigen Bewegungen, mit denen sich Marek Miert durch die Fälle bewegt diese zähe, blutrünstige österreichische Seele, der man alles verzeiht und von der man immer wieder eine neue Schrulle lesen möchte. - Spannend, philosophisch, österreichisch!

Manfred Wieninger, Rostige Flügel. Ein Marek-Miert-Krimi.
Innsbruck: Haymon 2008. 228 Seiten. EUR 18,90. ISBN 978-3-85218-559-0.

 

Weiterführende Links:
Haymon-Verlag: Manfred Wieninger, Rostige Flügel
Wikipedia: Manfred Wieninger

 

Helmuth Schönauer, 17-06-2008

Bibliographie

AutorIn

Manfred Wieninger

Buchtitel

Rostige Flügel

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Haymon

Reihe

Marek-Miert-Krimi

Seitenzahl

228

Preis in EUR

18,90

ISBN

978-3-85218-559-0

Kurzbiographie AutorIn

Manfred Wieninger, geb. 1963 in St. Pölten, lebt in St. Pölten.

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