Petra Öllinger / Georg Schober (Hrsg.), Rote Lilo trifft Wolfsmann

Buch-CoverBücher sind in der Hauptsache zum Lesen da, manchmal aber dienen sie bloß dazu, etwas zu dokumentieren. Beim Buch von der roten Lilo muss man als Leser entweder vif sein, oder grenzenlose Rätsellust im Bauch haben.

Bei dieser Dokumentation eines Literaturwettbewerbes geht es nämlich erst ziemlich spät um Literatur, in der Hauptsache wird verhandelt, wie Einsender/innen ausgesiebt, in Vorläufe und Hauptläufe gesteckt, und schließlich von Tutoren so richtig für die Literatur der Arbeitswelt her gebraten worden sind.

Also den meisten Leser/innen wird es egal sein, in welcher Tombola der Erkenntnis da gewühlt worden ist, Hauptsache, die Texte sind halbwegs lesbar.

Eine Rarität weist die rote Lilo allerdings auf, die Tutoren sind jeweils mit einem eigenen Text vertreten, und diese Texte sind tatsächlich beeindruckender als die Ergebnisse der Schreibwerkstätten.

Die Titelstiftende Erzählung "Die Rote Lilo" stammt vom Tutor Horst Oberbeil und behandelt das mysteriöse Verschwinden einer skurrilen Erotik-Dame. Als dieser nämlich das Finanzamt nahe treten will, droht sie mit der Veröffentlichung ihrer Kundenkartei, gleichzeitig organisiert sie sich eine neue Identität, indem sie sich quasi in Luft auflöst. Der Bezug zur Arbeitswelt lässt sich leicht herstellen, indem es bei der Versteuerung der Prostitution zwei Denkschulen gibt: Kunst oder Arbeit.

Die Sieger des ersten Vorlaufs verwenden Außenseiterpositionen, um die Arbeitswelt darzustellen.

In der Abmachung von Andreas Montalvo muss ein Straßenkind jonglieren, um zu Hause die Familie zu ernähren. Daheim gilt die Abmachung, ohne Geld keine Mahlzeit. Als das Straßenkind überfallen wird und ohne Geld dasteht, erweist sich der Vater als gnädig, heute gilt die Abmachung nicht.

In Hildegard Kaluzas Beitrag Be-Hinderung arbeiten in einer geschützten Werkstätte die Protagonisten sorgfältig und mit größter Hingabe. Sie erzeugen Stecker, aber fragen sich nie, wo diese eigentlich abgeliefert werden. Als der Auftraggeber die Firma schließen will, weil offensichtlich zu teuer produziert wird, bricht großes Heulen aus.

Der Band von der roten Lilo ist durchaus interessant, was die Themenstellung und die Streuung der Zugangsweisen zur Arbeitswelt betrifft. So also wird eingeschickt, wenn ein Literaturpreis zur Arbeitswelt ausgelobt wird! Als Literatur ist er eher anstrengend ausgefallen, aber die Arbeitswelt soll ja kein Vergnügen sein.

Petra Öllinger / Georg Schober (Hg.), Rote Lilo trifft Wolfsmann. Literatur der Arbeitswelt. Texte des Literaturpreises "Der Duft des Doppelpunktes" zum Thema Literatur der Arbeitswelt
St. Wolfgang / Wien: Edition Art Science 2007. 147 Seiten. EUR 13,40. ISBN 978-3-902157-46-1.

 

Helmuth Schönauer, 02-07-2008

Bibliographie

AutorIn

Petra Öllinger / Georg Schober

Buchtitel

Rote Lilo trifft Wolfsmann. Literatur der Arbeitswelt

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Edition Art Science

Herausgeber

Petra Öllinger / Georg Schober

Seitenzahl

147

Preis in EUR

13,40

ISBN

978-3-902157-46-1

Kurzbiographie AutorIn

Petra Öllinger, geb. 1969 in Linz, werkt in Linz und Wien.

Georg Schober, geb. 1959 in Linz, ist Naikido-Shiatsu-Praktiker.