Martin G. Wanko, Bregenzer Blutspiele

Buch-CoverDie Provinz hat ihre eigenen Erlebnisse, oft sind es Kleinigkeiten, die zu großen erotischen Ausbrüchen führen, oft sind es Mickymausereien, die stracks in den emotionalen Abgrund führen.

Erich Glamser hat sich vom Streifenpolizisten zum Kriminalbeamten in Bregenz hochgearbeitet, die frisch zugeteilte Kollegin erotisiert ihn, denn eigentlich ist er schon ein älterer Herr, der sein Gefühlsleben ganz der Provinz angepasst hat. Und auch sein favorisierter Fußballverein spielt alles andere als eine große Rolle.

Doch einmal im Jahr geht es rund in der Kleinstadt Bregenz, die Festspiele trumpfen auf der Seebühne auf, alles was Rang und Namen hat, taucht im westlichsten Zipfel des Landes auf.

Aber in diesem Jahr geht es ordentlich rund. Während auf der Seebühne noch der aktuelle James-Bond-Film abgedreht wird, explodiert am Bahndamm knapp vor dem Haus des Kommissars eine Bombe. Glamser geht in Ohnmacht über und wacht im Spital auf. In der Aufwachphase muss er hören, dass der sogenannte Fun-Bomber noch einmal zugeschlagen hat und das italienische Konsulat in die Luft geflogen ist.

Jetzt ist Bregenz international. Glamser wirft sich sofort wieder in den Dienst und bekommt zu allem Überdruss noch einen jungen Aspiranten zugeteilt, der nichts anderes im Kopf hat, als einen Kriminalroman nach echter Vorlage zu schreiben.

Die Stadt kommt nicht zur Ruhe, plötzlich gibt es beim Kulturhaus ein Attentat mit blutroter Farbe, man spricht bereits von den Bregenzer Blutfestspielen. Und jetzt steht auch noch die Bundesregierung samt Bundespräsidenten vor den Toren der Stadt, um das Festival zu eröffnen.

Glamser kommt kaum zum Recherchieren, denn er haftet persönlich für die Sicherheit des Bundeskanzlers, der sich aber als sehr hemdsärmelig und volksnah erweist. Gerade solche Typen sind besonders schwer zu schützen.

Immer wieder versinkt der Kommissar mit offenen Augen in Alpträume, kein Wunder bei diesem beamteten Stress. Und als Höhepunkt dieser grellen Überempfindlichkeit greift auch noch ein Zeppelin die Seebühne an. Als er im letzten Moment abdreht, leuchtet die Schrift auf: "Ihr könntet nun alle tot sein!" (237) - Der Fall klärt sich wie bei guten Krimis üblich, überraschend logisch auf.

Martin Wanko erzählt liebevoll von einem durchschnittlichen Beamten, der letztlich sogar in der Provinz überfordert ist. Die einzelnen Sequenzen sind daher mit brachialen Überschriften überblendet, worin der Weltgeist jeweils auf die Provinz herunter gebrochen wird. "Das Problem der Tasche ist der Inhalt." (94) "Das Klo klemmt!" (180) "Mit der Hand stimmt etwas nicht, ihr fehlt der dazugehörige Körper." (216)

Unter der Decke des großen Festivals wuseln gewöhnliche Provinzmenschen durch den Plot des Romans, und es ist für uns Leser beruhigend zu sehen, wie aufregend an manchen Tagen ein scheinbar gewöhnliches Leben sein kann.

Martin G. Wanko, Bregenzer Blutspiele. Ein Erich-Glamser-Roman.
Graz: edition keiper 2008. 108 Seiten. EUR 17,60. ISBN 978-3-9502516-3-0.

 

Weiterführende Links:
Wikipedia: Martin G. Wanko
Edition-Keiper: Martin G. Wanko, Bregenzer Blutspiele

 

Helmuth Schönauer, 02-02-2009

Bibliographie

AutorIn

Martin G. Wanko

Buchtitel

Bregenzer Blutspiele. Ein Erich-Glamser-Roman

Erscheinungsort

Graz

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

edition keiper

Seitenzahl

108

Preis in EUR

17,60

ISBN

978-3-9502516-3-0

Kurzbiographie AutorIn

Martin G. Wanko, geb. 1970, lebt in Graz und Bregenz.

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