Philipp Weiss, Egon

Buch-CoverTheater und Malerei sind manchmal eng zusammengeknüpft. Nicht nur dass das Bühnenbild das Theatralische unterstützt, auf manchen Bildern in einer Galerie spielen sich vor dem Betrachter abendfüllende Dramen ab.

Philipp Weiss hat für sein Stück "egon" drei Bilder von Egon Schiele als Ausgangspunkt für seine Kunst-Tragödie genommen.

Moa 1911, Mime von Osen 1910 und Akt eines stehenden Knaben 1910 stehen zu Beginn auf der Bühne, springen aber bald aus ihrer Erstarrung und beginnen in monologischen Schleifen ihr Wesen herauszuschreien. Der Knabe ist ein Gassenjunge, der letztlich nichts anderes im Sinn hat, als einen passenden Namen zu finden. Die beiden Damen stülpen die Fleischeslust nach außen und definieren sich über Lust, Fleisch und künstlerische Veredelung.

Die Figuren spielen dabei überlagerte Rollen, sie setzen ihren Part beispielsweise als Ausdruck der Bildfigur an, werden dann zu einem abstrakten Begriff der Kunstgeschichte, lamentieren über eine undefinierbare Befindlichkeit und korrespondieren erst allmählich mit den Co-Figuren.

So dauert es beispielsweise sehr lange, bis der Gassenjunge endlich seinen Namen kriegt und "egon" genannt wird. Dabei handelt es sich nicht nur um einen Eigennamen oder eine Hommage an Egon Schiele, "egon" ist ein Gefühlszustand, bei dem allmählich auch gesellschaftliche Ereignisse, morbides Flair, weltkriegslüsternes Österreich und eine dumpfe Seele zum Vorschein kommen.

Die Figuren wenden sich immer wieder ans Publikum, weil es das einzige Medium ist, das diese eingesperrten und verbunkerten Kreaturen wenn schon nicht erlösen, so doch erhören kann.

Gebt mir Farbe, ich versuche Farbe zu bekennen, mein Name ist nebensächlich, sagt zu Beginn ein Körper und entwickelt seine Seele vor dem Publikum.

Das Stück wird trotz der Heftigkeit der einzelnen Sequenzen zu einem leisen Lehrauftritt, in dem sich Kunsttheorie, Rezeption und Werkeschichte zu einem kunstvollen Zopf verflechten.

In einem Nachspann führt der Autor dieses Lehrstück mit sich selbst fort, indem er sich ein Interview gibt, worin das Stück als Verknüpfung mit der Figur Philipp Weiss gezeigt wird.

Und was ist das Ganze nun wirklich, wird Philipp Weiss im Eigeninterview gefragt.

Ein "Pickelporno!" (84)

Philipp Weiss, Egon. Ein Kunst-Stück.
Wien: Passagen Verlag 2008. 86 Seiten. EUR 12,90. ISBN 978-3-85165-804-0.

 

Weiterführende Links:
Passagen-Verlag: Philipp Weiss, Egon
Homepage: Philipp Weiss

 

Helmuth Schönauer, 06-03-2009

Bibliographie

AutorIn

Philipp Weiss

Buchtitel

Egon. Ein Kunst-Stück

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Passagen Verlag

Seitenzahl

86

Preis in EUR

12,90

ISBN

978-3-85165-804-0

Kurzbiographie AutorIn

Philipp Weiss, geb. 1982 in Wien, lebt in Wien.