Robert Kleindienst, Später vielleicht

Buch-CoverOft ist das Abweichen einer Erwartung eine Art Lebenssinn. Gerade wenn wir Leser nicken, weil wir die Geschichte verstanden haben, geht sie anders aus.

Robert Kleindienst greift diese semantische Minjuskel, die wir ständig verwenden, auf, um mit Später vielleicht zu erzählen, dass es kein Später gibt. Während sein Roman davon handelt, eine Lebenshaltung zu erzählen, brechen ihm gut gewollt die Figuren aus und verrecken letztlich an ihren Vorstellungen.

Wer von uns hat nicht schon den vernichtenden Satz gehört: Später vielleicht, was ja durchaus als semantische Nullformel vorstellbar ist und wahrscheinlich die Gesellschaft um 2010 am besten beschreibt.

Held und Heldin machen eine Mehrfachbeziehung mit untereinander unbekannten Freundes-Teilen auf, weil es scheinbar ohnehin egal ist, solange die emotional fixierten Kontrahenten nichts voneinander wissen. Wie immer in der Literatur hat ein Schriftsteller eine Schreibkrise und es brennt ihm die eigene Erotik durch bis alles in ein Vakuum mündet.

Wenn nichts mehr geht, muss ein Schriftsteller nach Prag, um dort sein angefangenes Studium über Kafka abzuarbeiten. Natürlich ist dort eine Freundin dabei, wir sind in einer Vorabendserie. Und daheim in Wien wird die hohle Rolle emotionslos durchgespielt.

Wieder hatte er eine Nacht durchgeschrieben, zwischendurch Kafka gelesen und sich nur vormittags ein wenig ausgeruht, um neue Kräfte zu finden für seine Arbeit. Nichts durfte ihn daran hindern, seinen Roman voranzubringen. Seit Fábias Abreise waren zweieinhalb Monate vergangen, und er fühlte sich leer ohne sie, spürte, dass die Energie für seine Arbeit von Tag zu Tag schwand. (125)

Die Geschichte haut einen nicht vom Hocker. Aber diese nonchalante Art, wie Später vielleicht ins Leere mündet, macht den Roman bemerkenswert

Über Kafka sollte man sich nur auslassen, wenn man Beamter ist, sagt eine österreichische Beamtenregel. Er hat nämlich seine Texte als Beamter geschrieben, was nur die Wenigsten wahrhaben wollen. Und über Kafka zu erzählen, ist angesichts seiner Kraft sinnlos.

Robert Kleindiest erzählt seine Kafka-Studium-Prag-Krisen-Geschichte durchaus lesenswert, aber der große Hammer ist diese Sache nicht.

Robert Kleindienst, Später vielleicht. Roman.
Innsbruck: Skarabaeus 2009. 174 Seiten. EUR 18,90. ISBN 978-3-7082-3264-5.

 

Weiterführende Links:
Skarabaeus-Verlag: Robert Kleindienst, Später vielleicht
Wikipedia: Robert Kleindienst

 

Helmuth Schönauer, 16-11-2009

Bibliographie

AutorIn

Robert Kleindienst

Buchtitel

Später vielleicht

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Skarabaeus

Seitenzahl

174

Preis in EUR

18,90

ISBN

978-3-7082-3264-5

Kurzbiographie AutorIn

Robert Kleindienst, geb. 1975 in Salzburg, lebt in Salzburg.

Themenbereiche