Kurt Palm, Bad Fucking

Buch-CoverDiese semantischen Irritation-Wörter wie Bad Fucking schmeicheln uns Lesern, wir dürfen in der Rezeption ahnen, dass etwas dahinter steckt, wir dürfen beim Einschlafen seufzen, dass wir es verstanden haben, und wir dürfen in Seminaren geriatrisch-genitalen Germanisten im Propädeutikum erzählen, dass unter der Schamhaar-Wolle der literarischen Lämmer vielleicht ab und zu ein Wolf steckt oder umgekehrt.

Bad Fucking geht auf der Primär-Leiste alles durch, was die Öffentlichkeit und folglich die Leserschaft anno 2010 ausmacht. Ein Ort, wofür man sich geniert, dass er fiktional in Österreich liegt, spiegelt ein Österreich wieder, das durchaus Qualitäten entwickelt.

Bad Fucking wartet mit einem Outsider auf, der tot in der Höhle "Vorort" liegt; damit ist der Krimi eröffnet. Eine Cheer-Leader-Truppe, hoch mit sexuellen Impulsen überstreichelt, muss ein Training absolvieren und hat keinen Internet-Empfang.

Österreich ist ein Krimi, wenn man Lokalitäten aus-googelt. So hat Bad Fucking nicht nur keinen Internet-Empfang, sondern eine Gendarmerie. Das Ministerium hat nämlich auf Bad Fucking vergessen, als es um die Umstellung zur Polizei ging, und jetzt ist es ohnehin egal. Es macht sogar Sinn, weil die Innenministerin auf Rechnung ihrer privaten Baufirma ein Asylanten-Areal errichten will.

Das kleine Loch der Erkenntnis wird locker von der Gendarmerie als Gelatine abgedeckt. Die Cheer-Leader-Girls krabbeln im Gelände herum, ehe sie auf das verheißungsvolle Schild "Internet-Plattform" stoßen, das sie wirklich in eine Felswand verstößt. Auf dem Weg dorthin wird ein Leichnam geborgen, kann der Einheimische sein oder sonst wer.

Kurt Palm erzählt genau von der Diffusität eines entlegenen Ortes, der plötzlich der Genauigkeit eines Arschloch-Ortes entsprechen soll, ohne dafür Richtlinien zu haben. "Das bringt nichts, ich muss mir einen Plan machen" (179), heißt es an einer nichtssagenden und dadurch entscheidenden Provinz-Roman-Stelle.

Lösung gibt es keine, denn Bad Fucking ist ein Zustand, worin alle Tagesereignisse kurz aufquellen, ehe sie im Moder der Öffentlichkeit verschwinden.

Auch wenn man als Leser vielleicht alle diese Begebenheiten kennt, macht es Lust, die Ereignisse einmal eingedickt als frechen Sirup auszulöffeln und auszulesen.

Kurt Palm, Bad Fucking. Krimi.
St. Pölten: Residenz 2010. 277 Seiten. EUR 19,90. ISBN 978-3-7017-1534-3

 

Weiterführende Links:
Residenz-Verlag: Kurt Palm, Bad Fucking
Wikipedia: Kurt Palm

 

Helmuth Schönauer, 12-07-2010

Bibliographie

AutorIn

Kurt Palm

Buchtitel

Bad Fucking

Erscheinungsort

Pölten

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Residenz

Seitenzahl

277

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-7017-1534-3

Kurzbiographie AutorIn

Kurt Palm, geb. 1955 in Vöcklabruck, lebt in Wien.

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