Dietmar Füssel, Diesseits von Eden

Buch-CoverSatiren greifen oft einen voluminösen Titel auf um ihn dann ordentlich aufzublasen und zum Platzen zu bringen.

Dietmar Füssel hat nichts Gewaltigeres vor, als das Paradies aus literarischer Sicht zu schildern und die darin eingelagerten Wahnvorstellungen zum Platzen zu bringen.

Der Literaturbetrieb ist an und für sich schon eine Satire, so dass man ihn an manchen Tagen bloß wörtlich aufschreiben muss, um eine handfeste Skurrilität zwischen den Fingern zu haben.

Irgendwo in der Komplementärmenge zu Österreich gibt es ein schwarzes Loch, das sich Eden nennt. Darin ist alles ideal, die Politiker sind nie im Amt, die Untergebenen argwöhnisch gegenüber allem Fremden, aber mit sich selbst zufrieden. In der Bibliothek beispielsweise steht ein Titel in 3.000 Exemplaren. Das hat den Vorteil, dass man mit einem Schnall alles gelesen hat, und irgendwie gleichen ja auch in einer sogenannten mannigfaltigen Bibliothek alle Bestseller wie ein Ei dem anderen.

Dieses Glücks-Loch Eden schreibt nun einen Posten für einen Stadtschreiber aus. Was heißt ausschreiben, Hans Pribil wird gleichsam von der Tastatur weg entführt und verschwindet ein Jahr lang diesseits von Eden. Wie jeder Stadtschreiber ist Hans Pribil vom Leben angefressen und mit der Schreiberei am Ende. Seine Aufgabe im neuen Umfeld besteht darin, im Gasthaus die Ohren steif zu halten und nichts zu sagen.

Die kulturelle Tätigkeit erschöpft sich in der Geheimlektüre dreier staatstragender Werke: Der ideale Staat, Mein Leben, Die Gründung von Eden. Diese drei Lokal-Bibeln sind jeweils von einem gewissen Oberhuber geschrieben, der dem Untergrund-Staat ein paar Verfassungssätze auf das Auge gedrückt hat.

Für den Stadtschreiber ist das Entsetzen groß, als er nach einem Jahr wieder zurück in seine Welt will, aber keine Ausreiseerlaubnis aus Eden mehr bekommt. Aus dem Paradies ist bekanntlich noch niemand zurückgekehrt.

Nach einigen bürokratischen Kraftakten, die in der Vernichtung des Reisepasses enden, wirft man den Stadtschreiber wieder in die Realität zurück. Das ganze Unterfangen hat sich freilich nicht gelohnt, denn die Wohnung ist weg und die Manuskripte hat der Vermieter verbrannt.

Dietmar Füssl erzählt lapidar vom stinknormalen Ablauf einer Stadtschreiber-Mission im tiefsten Österreich. Zwischen Fake und Text, politischer Absichtserklärung und realistischer Verweigerung ist letztlich kein Unterschied. Der Literaturbetrieb besteht aus viel Blabla und einer Fiktion von Eden, aus der es kein Entrinnen gibt. - Ein makaber realistischer Roman.

Dietmar Füssel, Diesseits von Eden. Satirischer Roman.
Wien: Edition Atelier 2009. 128 Seiten. EUR 14,10. ISBN 978-3-902498-28-1.

 

Helmuth Schönauer, 09-09-2010

Bibliographie

AutorIn

Dietmar Füssel

Buchtitel

Diesseits von Eden

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Edition Atelier

Seitenzahl

128

Preis in EUR

14,10

ISBN

978-3-902498-28-1

Kurzbiographie AutorIn

Dietmar Füssel, geb. 1958 in Wels, lebt in Ried im Innkreis.

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