Kurt Bracharz, Der zweitbeste Koch

Buch-CoverFür einen guten Krimi braucht es entweder Perversion oder Provinz. Kurt Bracharz nimmt im Zweifelsfalle gleich beides, wenn er die internationale Feinschmeckerküche auf das österreichisch-perverse Provinzniveau herunter bricht.

Nach dem Sprichwort "Hunger ist der beste Koch" kann folglich jeder noch so gute Koch nur mehr der zweitbeste sein. Der Wiener Gourmetkritiker Xaver Ypp muss sich ständig mit falschen Sprichwörtern und Rezepten herumschlagen. Die Feinschmeckerei hat sich nämlich ziemlich ins Perverse entwickelt und es ist gar nicht leicht, jeden Tag neue Trends zu kreieren.

Aktuell soll das Verspeisen gefährdeter Tiere en vogue sein. Der Gastro-Kritiker bekommt von seinem Magazin den entsprechenden Auftrag, über das Thema Rote Tiere auf der Speisekarte zu recherchieren.

Xaver Ypp wird auch bald fündig. Als er ein seltsames Sushi einpackt, um dessen Bestandteile zu analysieren, wird er prompt überfallen und man klaut ihm die Probe. Ein chinesisches Freizeitzentrum vor den Toren von Wien stellt sich als Umschlagplatz für seltsame Spionage-Aktionen und als Transferzentrale für seltene Tiere heraus. Hinter dem offiziellen Teil nämlich gibt es eine zweite Zoo-Anlage, worin seltene Tiere für die Gastronomie gezüchtet werden.

Einen für österreichische Verhältnisse geradezu internationalen Touch erhält die Affäre, als sich der Bruder des Gastrokritikers als Spionagegeneral des Bundesheeres outet. Gegen das Duo Militärspezialist und Feinschmecker-Hero ist wahrlich kein Kraut gewachsen, und so wird die internationale Feinschmeckerbande schließlich enttarnt und hoch genommen.

Der zweitbeste Koch ist ein geradezu mitleidserweckender Roman über das Schicksal von Zweitplatzierten. Denn nicht nur der zweitbeste Koch wird eine Zeitlang bei den Chinesen in einem Käfig gehalten, bis die Lage deeskaliert ist, auch der Ich-Erzähler Xaver Ypp leidet einen Roman lang unter dem Schicksal seines Berufes, denn Gastrokritiker gilt im Journalismus immer als Beruf zweiter Wahl.

Und persönlich neigt der Held auch zu einem Second-hand-Zustand. An der entscheidenden Stelle implodiert ihm nämlich die Sexualität und alle benötigten Werkzeuge fallen erbärmlich in sich zusammen.

Ich fühle mich nicht alt, ich bins. Ich bin sechzig. Genaugenommen war ich schon etwas darüber. Und den Deppen, die sagen, man sei so alt wie man sich fühlt, sage ich: Ich fühle mich auch wie sechzig. Im Puff gibt's keine Seniorenermäßigung sondern einen Seniorenaufschlag. (113)

Kurt Bracharz schickt seine Krimihelden durch die skurrile Welt der schmatzenden Feinspitze, jedes Menü geht dabei an jene Grenze, wo es verboten gut schmeckt.

Kurt Bracharz, Der zweitbeste Koch. Kriminalroman.
Innsbruck: Haymon 2010. 177 Seiten. EUR 17,90. ISBN 978-85218-634-4.

 

Helmuth Schönauer, 23-09-2010

Bibliographie

AutorIn

Kurt Bracharz

Buchtitel

Der zweitbeste Koch

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Haymon

Seitenzahl

177

Preis in EUR

17,90

ISBN

978-85218-634-4

Kurzbiographie AutorIn

Kurt Bracharz, geb. 1947, lebt in Bregenz.

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