Jack Hirschman, Wer trägt Sorge / Who cares

Buch-Cover

Das soziale Gewissen lässt sich wie die wichtigsten Angelegenheiten des Lebens nicht durch Fachliteratur sondern höchstens durch Poesie darstellen.

Jack Hirschman gilt als sowohl als Sozialpoet als auch als poetischer Sozialist, je nachdem, als was seine Veranstaltungen angekündigt sind. In Langzeilen-Poems in der Art der Beatniks greift er aktuelle politische Situationen auf, um sie anhand der gequälten Seele darzustellen. In seinen Gedichten kommt oft der Endverbraucher zu Wort, der das alles auszubaden hat, was andere angerichtet haben.

Für die amerikanisch-deutsche Ausgabe der Gedichte hat Elias Schneitter ein Nachwort verfasst, in dem er das Schreiben als politischen Akt darstellt. Das wahre Politische geschieht vermutlich in einer Sprache weit entfernt von der sogenannten politischen Artikulation. Als Schlüsselbegriff und Titel für sein Hauptwerk verwendet Jack Hirschman das Arkanum, dabei handelt es sich sowohl um ein philosophisches Geheimnis als auch um eine hermetisch abgeschlossene Angelegenheit.

Jack Hirschman verwendet auch Eigennamen im Sinne des Arkanums, so nennt er Hitler beharrlich Shitler, während er von Stalin einen starken Abgang übermittelt.

Auf den Tag genau vor 54 Jahren / starb / Stalin / und sagte: / Leckt mich am Arsch! / In Schwarz-Weiß.? (140)

Wie schon im Titel der Gedichtsammlung geht es immer wieder um die entscheidende Frage: Wer kümmert sich um alles, wen kümmert überhaupt ein Thema und wer trägt Sorge um das Überlebens-Glück der Menschen.

[...] äußerst holprige, hungrige, desolate, authentische / Klänge aus dem tiefsten Inneren der rasenden Stille, / und dort, wo fünf kleine Menschenknochen zerren / an deinem Hautärmel / fällt das Fragezeichen / ab und du weißt, wer Sorge trägt. (66)

Die Grenzen zwischen politischem Handeln, einer demonstrativen Aktion oder einer suggestiven Bewusstseins-Reise sind bei Jack Hirschman fließend. Ein Bericht vom Poesie-Festival 2010 in Basra schwingt zuerst in die Lyrik und kippt angesichts der politischen Umstände über in den Tatsachenbericht von der Unsterblichkeit der Poesie.

Beeindruckend ist schließlich die Klarheit der Botschaften und die Festigkeit der politischen Gesinnung, die sich wie letztlich jede Tätigkeit selbst relativiert. Nach dem Schlussgedicht bleibt man als Leser aufgewühlt, gelassen und mitgerissen zurück.

Eines Tages / werde ich das Schreiben aufgeben und nur noch malen / werde das Malen aufgeben und nur noch singen / werde das Singen aufgeben und nur noch sitzen / werde das Sitzen aufgeben und nur noch atmen / werde das Atmen aufgeben und nur noch sterben / werde das Sterben aufgeben und nur noch lieben / werde das Lieben aufgeben und nur noch schreiben. (190)

Jack Hirschman: Wer trägt Sorge. Who cares. Gedichte. A. d. Amerikan. von Jürgen Schneider. Mit einem Nachwort von Elias Schneitter
Zirl: BAES 2010, 196 Seiten, 18,00 €, ISBN 978-3-9502705-7-0

 

Helmuth Schönauer 02-05-2011

Bibliographie

AutorIn

Jack Hirschman

Buchtitel

Wer trägt Sorge / Who cares

Originaltitel

Who cares

Erscheinungsort

Zirl

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

BAES

Übersetzung

Jürgen Schneider

Seitenzahl

196

Preis in EUR

18,00

ISBN

978-3-9502705-7-0

Kurzbiographie AutorIn

Jack Hirschman, geb. 1933, lebt in San Francisco.

Jürgen Schneider, geb. 1952 in Wiesbaden, lebt in Düsseldorf.