Maxi Obexer, Wenn gefährliche Hunde lachen

Buch-Cover

Es gibt heutzutage kaum eine Nachrichtensendung oder eine Dokumentation, worin nicht von gestrandeten Menschen aus Afrika die Rede wäre. Zwar wissen wir in Worten alle, dass es sich dabei um Menschen handelt, in der Realität des eingebunkerten Europa jedoch werden alle diese Schicksale zu einer Bedrohung.

Margareth Obexer, die sich vielleicht aus Solidarität zu dem Titel "Wenn gefährliche Hunde lachen" selbst wie ein Hund Maxi nennt, stellt romanfüllend das Schicksal der jungen Helen aus Nigeria vor, die nichts anderes im Sinn hat, als in das Paradies Europa zu gelangen.

Die Geschichte wird zu einer Odyssee Richtung Alptraum. Denn die Heldin wird ständig von ihrem Fluchtziel zurückgespült. Einmal sind es korrupte Beamte, die an irgendeiner Binnengrenze das Geld kassieren und dann alle zurückschicken, dann sind es wieder gefährliche Fluchthelfer, die wie die Hunde grinsen, während sie ihre Opfer ausnehmen. Und schließlich scheint auch das rettende Mittelmeer selbst nur eine Strömung zu kennen: zurück auf den afrikanischen Kontinent.

Während Helen dramaturgisch alles wie aus einer Horror-Doku erlebt, Verrat, Ausbeutung, Prostitution, Gewalt, Hunger und Erschöpfung, schafft sie sich eine zweite Welt, eine zum Überleben. In kursiv gesetzter Schrift berichtet sie ihren Eltern ständig vom Fortgang ihrer Flucht. Ortsangaben werden dabei nach Europa verlegt, das Elend wird zur Heilserwartung geschönt und Europa mit Begriffen voller Schönheit und Erlösung ausgestattet.

Liebe Eltern, könnt ihr euch vorstellen, wo ich gerade sitze? Wohl kaum. In einer Polizeiwache auf einer hölzernen Bank, und das nicht, weil ich ins Gefängnis gebracht wurde, nein, in Europa landet man bei der Polizei, wenn man Hilfe benötigt und nicht, weil man eingesperrt werden soll, das ist schwer vorzustellen, nicht? (136)

Am Schluss nimmt Helen eine neue Identität an, stellt einen Asylantrag und wartet in Europa auf das Glück. Da dies alles aber kursiv gesetzt ist, kann es durchaus sein, dass alles nur eine Fiktion ist.

Maxi Obexer erzählt eine dramaturgisch gut aufbereitete Fallgeschichte, wie sie sich in dieser Form wohl tausendfach abspielt. Dabei ist die Botschaft trotz aller realistischen Brutalität durchaus hoffnungsvoll. Du musst eine Vision haben, um am Leben zu bleiben! Dass ausgerechnet Europa diese Vision sein soll, bedrückt uns europäische Leser sichtlich, vielleicht auch deshalb, weil wir uns schon längst unsere eigenen Visionen ausgetrieben haben.

Maxi Obexer, Wenn gefährliche Hunde lachen. Roman
Bozen, Wien: Folio 2011 ( = Transfer Europa CV), 165 Seiten, 22,90 €, ISBN 978-3-85256-555-2

 

Helmuth Schönauer, 28-03-2011

Bibliographie

AutorIn

Maxi Obexer

Buchtitel

Wenn gefährliche Hunde lachen

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Folio

Reihe

Transfer Europa CV

Seitenzahl

165

Preis in EUR

22,90

ISBN

978-3-85256-555-2

Kurzbiographie AutorIn

Maxi Obexer, geb. 1970 in Brixen, lebt in Berlin.