Libuse Cerna, Das Leben mit (m)einem eigenen Entomologen

Buch-Cover

Der Entomologe erweckt allein schon durch seine Bezeichnung ein gewisses Staunen. Da dieser Begriff nicht gerade stündlich in der Umgangssprache angewendet wird, fragt sich bei einer Lebensgeschichte mit einem Entomologen jeder, wer denn hinter so einer Bezeichnung untergetaucht ist.

Libuse Cerna beginnt daher ihre Lebensgeschichte mit einer kriminell scharfen Verfolgungsjagd durch eine Toilettenanlage am Rande eines Parkplatzes.

Zwei Männer verfolgen die Ich-Erzählerin und zwischen Stalking, sexuellem Übergriff und Perversion erwartet man als Leser alles, was sich an einer provinziellen WC-Anlage zutragen kann.

Die Lösung ist freilich sagenhaft einfach. Das Klo-Duo outet sich als selbstversunkene Entomologen, die einem raren Insekt jenseits aller Anstandsregeln und Diskretion mit Jagdinstinkt auf der Spur sind. Bei Entomologen handelt es sich nämlich um sogenannte Insektenkundler, die nicht nur passiv forschen sondern auch aktiv jagen.

Von diesem Jagderlebnis aufgestachelt beschließt die Erzählerin, ihr eigenes Leben unter dem Blickwinkel eines Ratgebers zu beschreiben. Denn es sollen in Zukunft keine Frauen mehr in Schrecken verfallen, wenn sie mit einem Insektenjäger in Kontakt treten oder gar eine Liebschaft eingehen müssen.

In zehn Kapiteln wird in der Folge der Insektenforscher vorgestellt. Es beginnt mit der Beschreibung der Ausrüstung, dem Habitus, der speziellen Sprachanwendung bis hin zur Prognostik nach dem Motto "The show must go on".

Wenn ich das Leben mit einem Entomologen beschreibe, so sollte ich noch eine Gesetzmäßigkeit erwähnen, die von allen Familienmitgliedern zu beachten ist, nämlich dass die Schmetterlingssammlung keinesfalls als Wertanlage dient und somit unantastbar ist. Die Sammlung beinhaltet den Geist des Sammlers. (64)

Im konkreten Fall war es für das Schmetterlingsliebespaar beinahe leichter, von Tschechien nach Österreich zu übersiedeln als für die Sammlung. Hinter den witzigen Kommentaren zum Umgang mit einem seltenen Exemplar Mann verbirgt sich nämlich eine pfiffige Liebesgeschichte, die in den Stoffkreis von Emigration und Überlebenskampf eingebunden ist.

Den einzelnen Kapiteln ist jeweils ein individuelles Symbolfoto vorangestellt, wodurch man Begegnung im Lichtfang, Insektenfischen im Gebirge oder das Aussieben des Sammelgutes so halbwegs nachvollziehen kann.

Libuse Cernas Lebensbeschreibung ist fröhlich, sehr subtil und voller Geduld gegenüber einem Lebenszustand, den sich wahrscheinlich nicht alle wünschen, von dem man aber gut träumen kann. Denn je größer der Vogel ist, den ein Mensch hat, umso liebevoller fällt seine Überlebensphilosophie aus.

Libuse Cerna, Das Leben mit (m)einem eigenen Entomologen. Lebensgeschichte
Frankfurt/M: August von Goethe Literaturverlag 2010, 68 Seiten, 10,80 €, ISBN 978-3-8372-0788-0

 

Helmuth Schönauer, 06-04-2011

Bibliographie

AutorIn

Libuse Cerna

Buchtitel

Das Leben mit (m)einem eigenen Entomologen. Lebensgeschichte

Erscheinungsort

Frankfurt

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

August von Goethe Literaturverlag

Seitenzahl

68

Preis in EUR

10,80

ISBN

978-3-8372-0788-0

Kurzbiographie AutorIn

Libuse Cerna, geb. 1952 in der CSSR, lebt in Innsbruck.

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