Erwin Uhrmann, Glauber Rocha

Buch-Cover

Eine gelungene Erzählung gleicht pathetisch gesprochen tatsächlich einer Blume - auf einem klaren Stil sitzt eine umfangreiche Blüte!

Erwin Uhrmann ist mit seiner Erzählung "Glauber Rocha" eine literarische Blume geglückt. Auf dem Stil der Handlung (eine Kunstfahrt durch Portugal) wuselt alles Mögliche über Kunst, Mythos, Filmtheorie und die Entrücktheit des Sehens heraus.

Der Ich-Erzähler hat es bei seinen bisherigen Reisen nicht geschafft, etwas Bemerkenswertes aus der Stadt Sintra mitzunehmen, entweder es war Nacht und alles hatte geschlossen, oder aber es gab nichts zu sehen, dabei hat sich in diese portugiesische Stadt einst das brasilianische Film-Genie Glauber Rocha ins Exil zurückgezogen. Es roch nach nassem Hund, (11) das ist offensichtlich alles, was von Glauber Rocha geblieben ist.

In einer Lebens-Chance tut sich für den Erzähler noch einmal ein Fenster auf, um vielleicht doch noch etwas von Glauber Rocha zu entdecken. Eine schwer hüstelnde und sterbenskranke Kunstkuratorin soll eine Kunstsammlung zusammenstellen und die wichtigsten zeitgenössischen Künstler kontaktieren.

Da sie aber das Klima nicht verträgt liegt die Kuratorin meist atemlos krank im Hotelzimmer, während der Erzähler die Kontakte knüpft, unendlich tiefsinnige Gespräche führt und die Kunst des ganzen Landes aufsaugt und in ein paar Demo-Mappen speichert.

Aber auch bei dieser intensiven Reise scheint eine Begegnung auf den Spuren Glauber Rochas wiederum unmöglich zu sein. Zwar gibt es eine Film-CD und vom Hörensagen ist der Name noch ein Begriff, aber wie das eben mit dem Mythos so ist, sobald man ihm zu nahe tritt, verschwindet er. Im Gegenteil, der Rocha-Sucher wird von einem Hund von der letzten Wirkungsstätte gejagt, auf der Flucht schlägt er sich noch ordentlich das Kinn an.

Am Schluss muss man die Kuratorin ins Spital bringen, der Hilfskurator erledigt die letzten Aufträge, ehe sich das Kapitel wieder schließt. Und was hat es nun mit Glauber Rocha auf sich? - Nichts, er ist schon lange tot und sein Mythos schwindet täglich!

Erwin Uhrmanns Erzählung über die Kunst des Suchens und Vergessens ist voller impressionistischer Innigkeit und expressiver Leidenschaft. Wie in Kunst-Trance taumelt der Erzähler durch das jeweilige Ambiente, jedes Getränk, jede Pause, jedes Gespräch - alles wird zu einer feinnervigen Kunstorgie. Und der Plot erweist sich schließlich als hintersinnige Parabel auf das Leben: Wer heftig sucht, kann durchaus nichts finden außer einem verblassenden Namen. - Eine erzählte Rarität!

Erwin Uhrmann, Glauber Rocha. Erzählung
Innsbruck: Limbus 2011, 103 Seiten, 10,00 €, ISBN 978-3-902534-46-0

 

Helmuth Schönauer, 13-04-2011

Bibliographie

AutorIn

Erwin Uhrmann

Buchtitel

Glauber Rocha

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Limbus

Seitenzahl

103

Preis in EUR

10,00

ISBN

978-3-902534-46-0

Kurzbiographie AutorIn

Erwin Uhrmann, geb. 1978 in Niederösterreich, lebt in Wien.

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