Leseleistungen bei PISA-Studie drohen laut Medienberíchten drastisch einzustürzen!
Wie bereits im Jahr 2001 sorgen auch die Ergebnisse der nachfolgende PISA-Studie 2003 bereits zwei Wochen vor ihrer offiziellen Veröffentlichung für Aufregung. Konnte damals noch auf ein recht erfreuliches Ergebnis verwiesen werden, droht diesmal der "Erfolgsturm" einzustürzen.
Der Kurier meldete in seiner Ausgabe vom 23. November: "PISA-Studie: Zeugnis verschlechtert". Im Mittelpunkt der Meldung steht, dass sich Österreich in allen drei Kategorien: Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften verschlechtert haben soll. Die Lese-Kompetenz sei "drastisch gesunken", Österreich vom 10. auf den 19. Platz gefallen, heißt es.
Der ORF blies auf seiner Homepage etwas vorsichtiger ins selbe Horn und stellte die Frage: "Österreich drastisch zurückgefallen?" Der ORF-Bericht hält fest, dass die Leistung in allen drei getesteten Kategorien schlechter ausgefallen seien als in der PISA-Studie 2000. Besonders drastisch solle aber die Verschlechterung der Schülerleistungen im Bereich Lesen sein. Mit Platz 19 in der Lesekompetenz liegt Österreich praktisch gleichauf mit Deutschland (Platz 20).
Während vom Bildungsministerium die Medienberichte als Mutmaßungen beurteilt wurden und auf die offizielle Bekanntgabe der Ergebnisse von PISA 2003 verwiesen wurde, machte SP-Bildungssprecher Niederwieser "die grottenschlechte Bildungspolitik" für das schlechte Abschneiden der Schüler, vor allem im Bereich "Lesen" verantwortlich.
Auch in Deutschland sorgte die Medienkritik über das schlechte Abschneiden der Deutschen Schülerinnen und Schüler bereits für Aufregung. Das PISA-Konsortium Deutschland sah sich sogar veranlasst, in einer Presseerklärung die Medienberichterstattung als "nicht korrekt, methodisch problematisch und unverantwortlich" zu verurteilen. Aufgrund der vertraglichen Verpflichtungen mit der OECD können die aktuellen Meldungen erst am 7. Dezember 2004 mit den tatsächlichen Befunden konfrontiert werden. Allerdings kann bereits jetzt festgestellt werden, dass die vorliegende Interpretation mit Hilfe von Leistungstabellen bereits "in der Grundanlage falsch ist".
Was ist die PISA-Studie eigentlich?
Bei der PISA-Studie handelt es sich um einen standardisierten Leistungstest in Schulen. In ca. 30 OECD-Ländern werden die 15 bis 16 Jährigen über ihre Kenntnisse in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften überprüft. Nicht das Abfragen des in den Schulen gelernten Lehrstoffes wird als Ziel definiert, sondern die Fähigkeit, Wissen auf die unterschiedlichen Situationen des Lebens anzuwenden. Alle drei Jahre wechselt der Schwerpunkt der Test, der 2003 im Bereich Mathematik gelegen ist.
Das PISA Projektzentrums Österreich wurde am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Salzburg eingerichtet und ist für die Umsetzung und Auswertung der PISA-Studie 2003 in Österreich verantwortlich.
Auf Wunsch der Bildungsminister der OECD-Staaten ist 1998 ein Programm entwickelt worden, das die Fähigkeiten von Schülern am Ende ihrer Schulpflicht messen soll. Das Programm wird PISA genannt, was Programme for International Student Assessment bedeutet. In der Studie PISA 2000 - Nationaler Bericht heißt es:
OECD-PISA beruht auf einem dynamischen Modell des lebenslangen Lernens. Nach diesem Modell müssen neue Kenntnisse und Fähigkeiten, die für die erfolgreiche Anpassung an veränderte Gegebenheiten erforderlich sind, kontinuierlich über die gesamte Lebensspanne hinweg erworben werden.
PISA 2000. Nationaler Bericht, hrsg. von Günter Haider und Claudia Reiter, Innsbruck 2001, Studienverlag, S. 14
Die PISA-Studie 2000: ein kurzer Rückblick
In der PISA Studie 2000 lag der Schwerpunkt auf dem Bereich Lesen, d.h. 2/3 aller Fragen waren Leseaufgaben. Mit Hilfe verschiedener Schwierigkeitsstufen wurden die Leistungen der Schüler gemessen, wobei die Tatsache, dass die Schüler "Lesen" können, vorausgesetzt worden war. Auf der einfachsten Stufe sollten Verbindungen zwischen den Informationen in einem Text und einem weitverbreiteten Alltagswissen hergestellt werden. Bei den schwierigeren Aufgaben wurde verlangt, einen Text kritisch zu bewerten oder aus den enthaltenen Informationen Hypothesen zu formulieren. Ähnlich Praxis bezogen sind die Fragen auch zu den Wissensbereichen Mathematik und Naturwissenschaft aufgebaut worden.
Die österreichischen Testergebnisse der PISA-Studie 2000 reihten sich im Vergleich mit den 30 anderen Teilnehmer-Ländern im Bereich Lesen an 10., im Bereich Mathematik an 11. und im Bereich Naturwissenschaften an 8. Stelle ein. Aber nicht nur "Wissen", sondern auch das soziale Umfeld ist im Test abgefragt worden, um Hintergrundinformationen erfassen zu können.
Ziel der Studie ist es, auffällige Stärken und Schwächen der Schulsysteme in den einzelnen Ländern festzustellen. Weiters sollte ein OECD-weit gültiges Messinstrument geschaffen werden, um einen internationalen Vergleich der verschiedenen Bildungssysteme zu ermöglichen.
9% der getesteten österreichischen Schüler/innen konnten die höchste Leistungsstufe 5 erreichen, d.h. sie wurden als ausgezeichnete Leser eingestuft. 25% galten als sehr gute Leser (Leistungsstufe 4). Im unteren Bereich (Leistungsstufe 1) wurden immerhin 10% der Schüler/innen als sehr schlechte Leser und 4% als Risikogruppe für möglichen Analphabetismus eingestuft. Diagramm: Markt-Huter
Die PISA-Studie 2000 ergab, dass die besten Leser/innen aus Finnland (546 Punkte) kommen, das die Ländervergleiche deutlich vor Kanada (534 Punkte) und Neuseeland (529 Punkte) anführte. Österreich lag im Bereich Lesekompetenz mit einem Mittelwert von 507 Punkten international an 10. Stelle unter 31 Teilnehmerstaaten. Innerhalb der EU lag Österreich, als bestes deutsch-sprachiges und mitteleuropäisches Land, bei der Lese-Kompetenz an der 5. Stelle.
(PISA 2000. Nationaler Bericht, hrsg. von Günter Haider und Claudia Reiter, Innsbruck 2001, Studienverlag, S. 48)
Die relativ besten Resultate konnten die österreichischen Schüler/innen bei den anspruchsvollsten Testaufgaben erreichen, bei denen es um Reflektieren über Texte? ging. In Österreich lasen AHS-Schülerinnen am besten (574 Punkte), gefolgt von ihren männlichen AHS-Kollegen (552 Punkte), den BHS-Mädchen (551 Punkte) und BHS-Buben (540 Punkte). Als die schlechtesten Leser dieser Altersstufe erwiesen sich die Pflichtschüler der Polytechnischen Schulen (420 Punkte). (PISA 2000. Nationaler Bericht, hrsg. von Günter Haider und Claudia Reiter, Innsbruck 2001, Studienverlag, S.72).
Besonders dramatisch zeigte sich das Ergebnis der PISA-Studie 2000 über die Lesefreude der 15 bis 16-Jährigen. Die Mehrheit der Befragten zeigte eine "sehr geringe Lesefreude". Diagramm: Markt-Huter
Ca. 28% der österreichischen Schüler/innen zeigten eine sehr hohe und ca. 20% ein hohe Lesefreude. Für ungefähr 22% war die Freude am Lesen eher gering. Den größten Anteil mit knapp 30% machten aber jene Schüler/innen aus, deren Lesefreude mit als sehr gering? gemessen worden war. Das beachtenswerte Ergebnis dieser Befragung war aber, dass in Österreich mehr als die Hälfte aller befragten Schülerinnen keine große Freude am Lesen zeigte. Im Vergleich dazu waren es in Finnland ca. 38 % (23% geringe und 15% sehr geringe Lesefreude) der Schüler/innen. (PISA 2000. Nationaler Bericht, hrsg. von Günter Haider und Claudia Reiter, Innsbruck 2001, Studienverlag, S.82).
Weiterführende Links:
- News: PISA-Studie 2003 mit schlechtem Ergebnis
- Standard: Pisa-Mathestudie wirft Schatten voraus
- Standard: PISA-Leiter Haider: Österreich ist Mittelmaß
Andreas Markt-Huter, 25-11-2004