Ludwig Roman Fleischer, Zurück zur Schule

Buch-Cover

Die beste Methode, ein punktgenaues Zeitdokument zu einer bestimmten Staatsatmosphäre zu hinterlegen, ist, einen real leicht überhöhten Roman zu verfassen.

Ludwig Roman Fleischer schreibt jährlich einen Roman zur Lage Österreichs, für das Jahr 2006 ist der Realo-Hammer „Zurück zur Schule“ entstanden. Die Kunst des Österreich-Spezialisten besteht darin, dass seine Romane umso genauer werden, je depperter die Figuren ausfallen. Der aktuelle Zustand Österreichs zeigt sich dabei voll aufgespreizt und ausgeklappt wie der patriotische Brustkorb während einer Herzoperation.

Das Bildungssystem ist den Bach hinuntergegangen, das Vorzeigeinstitut der Privatisierung, die Europaanstalt Mayerlingplatz, musste von der Börse genommen werden. Der Exekutor pickt mit Liebe auf alle Schulmöbel und Bildungsintarsien den Kuckuck, und auch das Personal kommt nicht ungeschoren davon. Gerade frisch in die Frühpension geschickt, muss so mancher Jungaltlehrer wieder seine didaktischen Siebensachen schnüren und erneut unterrichten.

Protagonist ist wieder der fiktional amtsbekannte Lehrer Terlaner. Je dümmer er sich beim Wiedereinstellungsgespräch stellt, umso begeisterter wird er im Schulbetrieb aufgenommen. Fast alle Lehrer wohnen auch noch im hohen Alter zu Hause bei ihren Müttern, so muss auch Terlaner ständig seiner Mutter erklären, was der Unterschied zwischen Unterricht und Pension ist.

Aber auch das System hat noch nicht alles begriffen, so muss Terlaner zwar unterrichten, seine Entlohnung ist aber vorläufig virtuell, da hilft auch ein Gehaltsvorschuss nichts, weil dieser ebenfalls virtuell ausfällt.

Generell hat der Computer Einzug in den Unterricht gehalten, aber Terlaner kann noch locker mithalten, weil er mindestens so auf der Höhe ist wie ein PC, den er Hirnentrindungsgerät nennt. Ein grandioses Beispiel für gnadenlos zeitgemäßen Unterricht ist die Übersetzung des Erlkönigs mit der Google-Übersetzungsmaschine ins Englische und die anschließende Retranskription in das Futur classique.

Hinter den Kulissen schieben wahnsinnige Inspektoren Kulissen für frische Intrigen, auf Schülerebene werden Schwule gnadenlos verfolgt und Ausländer zwangsintegriert, Lehrer müssen ein Kabarett gründen, um sich finanziell über Wasser halten zu können.

Ludwig Roman Fleischers Roman ist ein Mega-Sittenbild Österreichs nach sechs Jahren Bundesregierung mit Bundesministern aus der Provinz. Jeglicher Bildungsansatz ist zu einer Blockflöte verkommen und wird in höchsten Tönen geflötet.

Die nächste Generation ist aus sich selbst ausgestiegen und lebt ein Leben in innerer Karikatur, die mit der offiziellen Welt nichts mehr zu tun hat, oder ist am Ende gar die offizielle Welt die Karikatur? Selbst die kabarettierenden Figuren können diese Frage nicht beantworten und spielen daher als gelernte Österreicher gnadenlos sich selbst.

Selbstverständlich ist dieser Roman viel fröhlicher und witziger, als es die geschilderten Figuren sind, so geht man als Leser begeistert wieder zurück zur Schule, wo die Welt noch in Ordnung weil wahnsinnig ist.

Ludwig Roman Fleischer, Zurück zur Schule. Roman.
Klagenfurt: Sisyphus 2006, 236 Seiten, EUR 15,- ISBN 978-3-901960-33-8

 

Weiterführende Links:
Sisyphus-Verlag: Ludwig Roman Fleischer, Zurück zur Schule
Wikipedia: Ludwig Roman Fleischer

 

Helmuth Schönauer, 17-07-2006

Bibliographie

AutorIn

Ludwig Roman Fleischer

Buchtitel

Zurück zur Schule

Erscheinungsort

Klagenfurt

Erscheinungsjahr

2006

Verlag

Sisyphus

Seitenzahl

236

Preis in EUR

15,00

ISBN

978-3-901960-33-8

Kurzbiographie AutorIn

Ludwig Roman Fleischer, geb. 1952 in Wien, lebt in Wien und Kärnten.