Elisabeth Lexer / Robert Boulanger, Maiandacht
Maiandacht ist ein religiöses Zeremoniell, das in der öffentlichen Lesart gerade noch als Volksbrauch oder Meditationsübung durchgeht, in entlegenen Landesteilen aber vollends ins Archaisch-Mythische hineingreift. So ist der echte Maiandachtskult für den Tourismus noch immer tabu, wer ihn erkunden will, muss entweder Betroffener oder Forensiker sein.
Elisabeth Lexer und Robert Boulanger haben die Form des Kriminalromans gewählt, weil man sich dadurch landläufig etwas vorstellen kann und weil erzähltechnisch gesehen so die diversen Geheimnisse geknackt werden können, indem einfach ein Chefinspektor über die Sache drüberscannt. In der Tiefenstruktur ist der Roman durchaus ein Stück Ethnographie, Psychologie und Dialektologie. In einem Glossar werden nämliche die einzelnen Fügungen nicht nur in eine Allgemeinsprache transferiert, ihre Auswahl und ihr semantisches Selbstbewusstsein deuten darauf hin, dass diese Begriffe auch den Sinn des Lebens in einem gewissen Landstrich ausmachen. Diese regionale Feldforschung ist gewissermaßen die Antwort auf die Globalisierung, der Kosmos ist nämlich ein Wallfahrtsort mit aufgesetztem Wellnessbereich.
Wie in einer Galerie sind sie ausgehängt als Sterbe-Parten des Alltags: Drei seltsame Geschichten! Sie sind wirklich Krimis der anderen Art, weil sie keine Zeit haben, sich mit Krimi-Ritualen herumzuschlagen.
Graffitis und Wandmarkierungen lassen bei Tageslicht nur dämmrig erahnen, was sich vielleicht in den Nächten davor abgespielt hat. Der Kampfruf, „All Cops Are Bastards“, bringt die Wut auf den Staat zum Ausdruck, wenn man die entsprechenden Geschichten hört und die einschlägigen Protokolle liest.
„Sir Arthur Conan Doyles Krimiklassiker bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für eine motivierende und fächerübergreifende Auseinandersetzung im Unterricht, die das Begleitmaterial auf vielfältige Weise aufgreift.“ (S. 4)
„Das Begleitmaterial greift verschiedene inhaltliche, sprachliche, historische und gesellschaftlich-ethische Aspekte des Romans auf. […] Jeder Abschnitt beginnt mit einem Lehrerteil, in dem sich Hinweise zu den Kopiervorlagen, sowie zusätzliche Vorschläge für Gesprächs- oder Schreibanlässe befinden.“ (S. 4)
Als Information über ein Land sind Krimis nur eingeschränkt nützlich. Üblicherweise haben Krimi-Autoren nämlich kaum Arbeit mit der Recherche, sie googeln grob ein paar Ortschaften herunter und geben dem Helden ein paar sinnlose Aufgaben.
Manche Orte sind so kalt, düster, aufgewühlt und abgehängt, dass ihnen nur noch ein Krimi beikommen kann. Ein Musterort für Krawall, Entgleisung, Mord und Totschlag ist der Brenner.
Die unbarmherzig zupackende Krimiwelle zwingt die Autoren dazu, den letzten Tropfen Sinn aus dem literarisch anvisierten Land zu quetschen. Denn wenn irgendwo wirklich alles schon mehrmals gesagt worden ist, dann im Reich der Krimis.
Als die scheinbar ewigste Stadt der Welt besteht Rom einerseits aus lauter Kleinodien triefend vor Geschichte, andererseits aus brutalster Schwarzweiß-Szenerie wie in einer vom Staat aufgegebenen mexikanischen Stadt.
Im perfekten Roman ist die dargestellte Fiktion so wirklich, dass man damit in der Wirklichkeit etwas anfangen kann, auch wenn es keine Hilfestellung dafür gibt.